Arbeitsvorhaben (AV) / Haupttext
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Bis auf wenige Ausnahmen hängen alle Lebewesen von der Fotosynthese ab. Die im Rahmen dieses Prozesses aus Wasser und Kohlenstoffdioxid mithilfe des Sonnenlichtes aufgebauten energiereichen Stoffe dienen den Lebewesen zum Aufbau körpereigener Substanz (= Biomasse) und als Energiequelle. Im Verlauf des allgemeinen Stoffkreislaufes endet jedoch alles Leben wieder als Wasser, Kohlenstoffdioxid und freigesetzter Energie (siehe auch Kap. 2 / Abb. L_2-1). An allen Prozessen, die im Rahmen dieses Kreislaufes in den Organismen stattfinden, sind Enzyme maßgeblich beteiligt.
Eine Million Jahre zurückliegende Besonderheit im Stoffkreislauf sind die fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas (Ursprung: abgestorbene Meeres-Kleinstlebewesen) sowie Kohle (Ursprung: abgestorbene Pflanzen). Im Laufe der Zeit entstanden durch Druck- und Temperaturzunahme aus den toten organischen Materialien neue energiereiche Verbindungen – die fossilen Energieträger. Wir profitieren heute in vielfältiger Art und Weise davon.
Allerdings steht fest, dass
Seriöse Berechnungen gehen z.B. davon aus, dass durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe pro Jahr weltweit zurzeit so viel CO2 freigesetzt wird, wie in 500.000 bis 1.000.000 Jahren durch Fotosynthese in Form von Biomasse gebunden wurde. Der Kohlenstoffkreislauf ist somit massiv gestört, denn wir produzieren weitaus mehr Kohlenstoffdioxid, als von den Pflanzen wieder aufgenommen bzw. gebunden werden kann.
Nach heutigen Erkenntnissen werden damit Änderungen des Weltklimas verbunden sein. Diese wiederum haben vielfältige negative Folgen für das Leben auf der Erde. Der wohl wichtigste Ansatz, dem entgegenzuwirken, ist die rasche und deutliche Senkung der weltweiten CO2-Freisetzung.
Vor diesen Hintergründen hat sich ein komplexer und umfangreicher Forschungs- und Wirtschaftsbereich entwickelt, der sich mit der Herstellung und Vermarktung von Biokraftstoffen aus Pflanzen und Mikroorganismen befasst.
Biokraftstoffe (= biogene Kraftstoffe)
Ihre Ausgangspunkte sind entweder pflanzliche Rohstoffe von sogenannten Energiepflanzen / Anbaubiomasse (Raps, Getreide, Kartoffeln, Mais, Zuckerrüben,-rohr, Sojabohnen, Ölpalmen, Holz, Jatropha, etc.), Mikroorganismen (Mikro-, Makroalgen, Cyanobakterien, Hefen), pflanzliche Reste (Holzreste, Stroh) oder tierische Abfälle (Schlachtabfälle, Altfette). Sie sind flüssig (Bio-Diesel, -Ethanol, -Kerosin) oder gasförmig (Biogas).
Die Produktionswege zur Herstellung von Biokraftstoffen sind sehr unterschiedlich. Das betrifft sowohl den Einsatz technischer und chemischer Mittel, als auch die Nutzung von Mikroorganismen bzw. deren Enzymleistungen.
Die Vorsilbe „Bio“ besagt lediglich, dass diese Kraftstoffe aus verschiedenen Formen von Biomasse hergestellt werden und nicht aus fossilen Energieträgern. Sie sagt nichts über den Grad der ökologischen Vorteile bzw. der Klimavorteile einzelner Biokraftstoffe untereinander oder im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen aus.
Verschiedenste Zweige der Natur- und Informationswissenschaften sowie die Produktionstechnik sind maßgeblich an der interdisziplinären Erforschung und Entwicklung von Verfahren zur Herstellung von Biokraftstoffen beteiligt. Die entsprechenden Arbeiten finden an Universitäten und Institutionen wie der Max-Planck- oder Fraunhofer-Gesellschaft sowie in den Forschungseinrichtungen von Industrieunternehmen statt.
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die Herstellung von Biokraftstoffen stark mit Bereichen des Agrarsektors, der Mineralölindustrie und der chemischen Industrie verbunden.
Die in den letzten Jahren stark zunehmende Bedeutung dieses Forschungs- und Wirtschaftsbereiches zeigt sich auch in einer großen Vielfalt von politischen Entscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene.
Das zuvor Gesagte lässt vermuten, dass Biokraftstoffe – vor allem in Zusammenhang mit dem Kohlenstoffkreislauf bzw. dem Klimawandel – ausschließlich positiv gesehen werden. Dass dieses aber nicht so ist, zeigt die folgende Abbildung (Abb. AV EB_6-2). Sie enthält Überschriften aus verschiedenen Veröffentlichungen im Internet oder Zeitungsartikeln. Die enthaltenen Aussagen zeigen, dass der gesamte Bereich der Herstellung und Vermarktung von Biokraftstoffen anscheinend nicht nur sehr komplex ist, sondern auch das Meinungsspektrum in diesem Zusammenhang von absoluter Ablehnung bis hin zur uneingeschränkten Zustimmung reicht .
Weiterhin weisen die Aussagen darauf hin, dass das Thema Biokraftstoffe, wenn auch nur langsam, in der gesellschaftlichen Diskussion an Bedeutung gewinnt. Dementsprechend werden im Folgenden nicht nur die verschiedensten Herstellungsmöglichkeiten in Bezug auf Biokraftstoffe, sondern auch deren Stellenwert in Hinblick auf Umweltaspekte bzw. Nachhaltigkeit mithilfe von Arbeitsmaterial anschaulich behandelt.
Mat. I: Produkte in Zeiten des Klimawandels – mögliche Kriterien, auch zur Beurteilung der Herstellungswege von Biokraftstoffen. |
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Ausgehend von den Ausgangsstoffen und bestimmter Produktionsverfahren können in Bezug auf Biokraftstoff-Herstellung grundsätzlich vier Generationen unterschieden werden (Abb. AV EB_6-3).
Es wäre nun aber falsch, davon auszugehen, dass alle vier Generationen eine gleichwertige Bedeutung bei der Biokraftstoff-Herstellung besitzen. Tatsache ist, dass bis heute (= 2021) über 90% der weltweit produzierten Biokraftstoffe auf Herstellungswegen der 1. Generation beruhen. Daraus ist auch der berechtigte Schluss zu ziehen, dass die Aussagen bzw. Meinungen in der oben dargestellten „Sprechblase“ (Abb. AV EB_6-2 ) sich weitestgehend auf diese 1. Biokraftstoff-Generation beziehen.
Zumindest in Europa und damit auch in Deutschland hat sich der Stellenwert der 1. Generation der Biokraftstoff-Herstellung in den vergangenen Jahren jedoch verändert. Hauptkritikpunkte sind mit den Begriffen „Landnutzung“, „Treibhausgasbilanz“ und Biodiversität“ verbunden. Genaueres darüber ist in Mat. I nachzulesen.
Die Zukunft scheint – auch nach politischem Willen – vermehrt bei den Biokraftstoffen in der 2. Generation zu liegen (siehe hier ff.). Entscheidend dabei ist, dass diesbezüglich fast jegliche Biomasse und auch Reststoffe sowie Abfälle zu Biokraftstoffen verarbeitet werden können. Zentraler Begriff ist die Herstellung „synthetischer Kraftstoffe“ (BtL / BtG). Leider wird dabei aber bisher von der Politik nicht eindeutig gesagt, welche der sehr unterschiedlichen Produktionswege bzw. -verfahren für synthetische Kraftstoffe damit gemeint sind. Pauschal werden alle damit verbundenen Vorgehensweisen, auch wenn sie unter Umweltaspekten sehr unterschiedlich zu beurteilen sind, der 2. Generation zugeordnet.
Vor allem die CO2-Problematik wird aber auch in diesem Zusammenhang diskutiert, da teilweise sehr energieaufwendige Verfahren (Pyrolyse, Gasifikation) eingesetzt werden.
Gemessen an der 1. Generation werden bisher jedoch nur wenige der mit der 2. Generation verbundenen Verfahren bereits im großtechnischen Stil betrieben. Häufig befinden sie sich noch in der Entwicklungsphase. Außerdem werden die auf der 2. Generation beruhenden Verfahren oft als „noch nicht wirtschaftlich“ bezeichnet.
Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit beruht dabei auf einem Vergleich der Kosten und Erträge. Diesbezüglich sind die Biokraftstoffe der 1. Generation zurzeit deutlich günstiger zu beurteilen, als die der 2. Generation.
In den letzten Jahren wird die Nutzung von Makro-, Mikroalgen und Cyanobakterien (= Blaualgen) zur Herstellung von Biokraftstoffen in der 3. und 4. Generation zunehmend diskutiert und weiterentwickelt. Sie werden als mögliche zukünftige Produzenten komplexer Naturstoffe – auch Biokraftstoffen – angesehen. Grundlagen sind vor allem die Zunahme der Kenntnisse und die Entwicklung zugehöriger Methoden in den Bereichen der Bio- und Gentechnologie (siehe AB 15_2-3). Darauf aufbauend wird intensiv an entsprechenden Technologien bzw. deren Übertragung in einen größeren Produktionsmaßstab gearbeitet.
Dass diese neuen Wege der Biokraftstoffherstellung in Konkurrenz, vorwiegend zu den Biokraftstoffen der 1. Generation stehen, liegt auf der Hand. Das bedeutet bisher auch, dass sie hinsichtlich der Bewertung der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu den Biokraftstoffen der 1. Generation nicht konkurrenzfähig sind. Inwieweit die noch sehr hohen Herstellungskosten im Rahmen der Herstellung der Biokraftstoffe der 3. und 4. Generation durch Aspekte wie z.B. Nachhaltigkeit ausgeglichen werden können, ist letztlich eine Entscheidung der Politik. Dort finden sie allerdings bisher – zumindest in Europa – wenig Beachtung.
In Bezug auf die Herstellung von Biokraftstoffen in der 3. und 4. Generation darf übrigens nicht übersehen werden, dass die Herstellungswege auf der Grundlage von Algen und Bakterien neue Fragen aufwerfen, nämlich solche zur biologischen Sicherheit (siehe Mat. XIV). Die Wissenschaften bieten diesbezüglich jedoch eine Vielzahl von Problemlösungen an.
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Der Begriff 1. Generation der Biokraftstoffe – auch konventionell oder herkömmlich genannt – bezieht sich auf die zurzeit weltweit am meisten gewählten Produktionswege für Bioethanol und Biodiesel. Dabei geht es vor allem um die bereits zuvor genannten Ausgangsstoffe Zuckerrohr, Soja, Getreide (Weizen, Mais), Zuckerrüben und Rapssamen. Diese, auch als „Anbaubiomasse“ bezeichneten Stoffe, werden vermutlich noch mehrere Jahre die Biokraftstoffherstellung bestimmen. Das zeigen auch die Darstellungen zu den Produktionsmengen von Biokraftstoffen, aufgeschlüsselt nach Ländern, Regionen, Biokraftstoffarten und -ausgangsstoffen (siehe Mat. II). Das zurzeit ebenfalls zur Biodieselherstellung eingesetzte Palmöl soll bis 2026 weitestgehend aus der Nutzung genommen werden.
Mat. II: Produktionsmengen von Bioethanol und Biodiesel / 1. Generation der Biokraftstoffe |
Die folgende Abbildung (Abb. AV EB_6-4) zeigt vereinfacht das jeweilige Prinzip bei der Bioethanol- bzw. Biodiesel-Herstellung ausgehend von den Rohstoffen Zuckerrohr, -rübe, Getreide und Rapssamen.
Handelt es sich bei den Ausgangsstoffen um Zuckerrohr oder Zuckerrüben, wird der in den Pflanzen vorliegende Zucker durch den Einsatz von Enzymen bestimmter Hefen vergoren. Als Endprodukt entsteht schließlich Ethanol. Liegt als Ausgangsstoff Stärke vor, wie es bei Getreide der Fall ist, muss diese zunächst durch den Einsatz von Enzymen in Zucker zerlegt werden.
Bei der Biodiesel-Herstellung wird Pflanzenöl vor allem aus Rapssamen gewonnen, das schließlich auf chemischem Weg zu Biodiesel umgebaut wird (= Umesterung). Ein weiterer Rohstoff für die Herstellung von Biodiesel ist Palmöl. Die Gewinnung dieses Rohstoffes – insbesondere mithilfe großer Plantagen – wird unter Umweltgesichtspunkten und sozialen Aspekten zunehmend kritisch gesehen (siehe AB 6_2.2 und Aufg. 7/s.u. und Mat.I / Aufg.6).
Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass der 1. Generation der Biokraftstoff-Herstellung insofern besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, da diese im Vergleich zu den anderen drei Generationen einen Anteil von etwa 90% an der gesamten Biokraftstoff-Herstellung hat.
Die Materialien behandeln das zuvor kurz Dargestellte in ausführlicher Form. Die einzelnen Herstellungsprozesse werden beschrieben und erläutert. Außerdem werden die in diesen Zusammenhängen eingesetzten oder einsetzbaren Mikroorganismen bzw. die Leistungen ihrer Enzyme vorgestellt. | Mat.III : Bioethanol aus Zuckerrohr Mat.IV : Bioethanol aus Zuckerrüben Mat.V : Bioethanol aus Getreide Mat.VI : Biodiesel aus Rapssamen |
Die Bearbeitung der Aufg. 5 – 8 ermöglicht u.a. Aussagen zu folgenden Fragen in Bezug auf die 1. Generation der Biokraftstoffe: |
Wo finden sich Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede beim Vergleich der Herstellungswege in dieser Kraftstoffgeneration? |
Inwiefern stehen die Begriffe „Fotosynthese“, „Zellatmung“ und „(Kohlenstoff-)Stoffkreislauf“ in Zusammenhang mit dieser Kraftstoffgeneration? |
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den Begriffen „Landnutzung“, „Biodiversität“ und dieser Kraftstoffgeneration? |
Welche Argumente sprechen dafür und welche dagegen, dass diese Kraftstoffgeneration einen nachhaltigen* Beitrag im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes liefert? |
*“nachhaltig“ siehe hier
Hinweise zur Bearbeitung der Aufg. 5-8:
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Die Herstellung von Biokraftstoffen in der 2. Generation ist mit folgenden Zielen verbunden:
Seit Einführung der Richtlinie zur „Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“ / 2018 (siehe Mat.I und Aufg. 11) werden die Biokraftstoffe der 2. Generation aufgrund der zuvor genannten Ausgangsstoffe als „fortschrittliche Biokraftstoff*“ bezeichnet. In welchem Umfang die Biokraftstoffe in der 2. Generation die oben genannten Ziele erreichen werden und damit negative Auswirkungen auf Umwelt und Klima vermeiden können, wird allerdings sehr differenziert gesehen. Manches wird verwirklicht, wie z.B. weitestgehend die oben genannten Ziele 1 – 4. Anderes, wie z.B der bei einigen Herstellungsprozessen sehr hohe Energieeinsatz, wird kritisch gesehen. Das gilt vorwiegend für Herstellungsverfahren, die auf thermochemischen Prozessen (Pyrolyse, Gasifikation) beruhen. Drei Verfahren werden im Folgenden genaue betrachtet:
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Synthetische Kraftstoffe (SynFuels)
Grundsätzlich ist allen synthetischen Kraftstoffen gemeinsam, dass sie nicht – wie bei Erdöl üblich – durch die Auftrennung des Rohöls in einzelne Bestandteile und deren Veränderung hergestellt werden.
Es wird zwischen Pyrolse und Gasifikation unterschieden. In beiden Fällen werden kohlenstoffhaltige Moleküle durch mehr oder weniger starkes Erhitzen (siehe Mat. VIII) in kleinere Moleküle zerlegt. Es entstehen Pyrolyseöle oder Rohgase. In den sich anschließenden chemischen Verfahren werden daraus wieder komplexe Kohlenwasserstoff „synthetisiert“, die u.a. als Kraftstoffe (z.B. Benzin, Diesel, Kerosin) genutzt werden können.
Die so hergestellten Biokraftstoffe werden allgemein als XtL-Kraftstoffe bezeichnet. Je nach Ausgangsstoff spricht man von GtL– („Gas-to-Liquid), CtL– („Coal-to-Liquid“) oder BtL- / BtG-Kraftstoff (Biomass-to-Liquid / -Gas*). Für CtL und GtL, die vor allem in Südafrika, Indien, Malaysia und vor allem China stark an Bedeutung gewinnen, ist allerdings der Begriff Biokraftstoff problematisch, da fossile Ressourcen Grundlagen dieser Verfahren sind. Für aus Biomasse (Holzreste, Stroh, Klärschlamm, Bioabfälle, etc.) hergestellte Biokraftstoffe kann der Begriff dagegen Biokraftstoff verwendet werden. Allerdings werden sie vor allem aufgrund ihrer Energiebilanz kritisch gesehen. Auch der mögliche Einsatz von Mikroorganismen (siehe hier) trägt hier nur bedingt zu einer besseren Ökobilanz bei.Ebenfalls zu den synthetischen Kraftstoffen zählt Bio-Erdgas (= Biomethan). Ein möglicher Ausgangspunkt ist die Biogasgewinnung. Das durch Vergärung gewonnene Gas wird durch verschiedene Maßnahmen aufbereitet. Es entsteht ein Gas, das dem fossilen Erdgas gleicht. Kritische Äußerungen betreffen nicht das Biomethan an sich, sondern die vorgeschaltete Biogasgewinnung, vor allem, wenn dieses Biogas auf der Grundlage von Mais bzw. Maissilage gewonnen wird..
Ein relativ neuer Zweig der Herstellung synthetischer Kraftstoffe trägt die Bezeichnung PtX („Power-to-X“). Die damit verbundenen Produktionsprozesse beruhen auf der Nutzung von Strom, CO2 und Industrieabgasen. Die Endprodukte sind sogenannte eFuels. Unterschieden wird dabei zwischen flüssigen Produkten (PtL) oder gasförmigen Produkten (PtG). Diese neuen Wege zur Kraftstoffherstellung werden mehrheitlich als ökologisch sinnvoll und damit auch als klimafreundlich angesehen, sofern der Strom aus regenerativen Quellen – z.B. der Windkraft – stammt.
Dass diese zuvor genannte Vorgehensweise auch eine Rolle in Zusammenhang mit der Nahrungsmittelproduktion spielen kann, hätte vor einigen Jahren niemand gedacht (siehe hier).Ein größeres Projekt (NAMOSYN) befasst sich auch mit dem zuletzt genannten Verfahren PtL . Es bleibt jedoch unklar, wie die Bundesregierung andere in der Entwicklung befindliche Verfahren der 2., sowie die der 3. und 4. Generation, einstuft. Darauf weisen auch die sehr allgemeinen Aussagen im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage im Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2020 hin:
Bundestag / Drucksache 19/24942 / Anfrage u. Antwort zu synthetischen Kraftstoffen(Zugriff: 2021-01-20)*Damit ist nicht die Gewinnung von Gas durch die Vergärung von Biomasse in Biogasanlagen gemeint, sondern nur die auf der Grundlage der Gasifikation.** „Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050“
https://www.bundesregierung.de/2019-10-09-klima-massnahmen-data.pdf?download=1 (Zugriff: 2020-10-12)
https://www.fona.de/de/ (Zugriff: (Zugriff: 2020-10-12)
Gemessen an der 1. Generation werden bisher nur sehr wenige auf der 2. Generation beruhende Verfahren im großtechnischen Stil betrieben. Häufig befinden sich diese noch in der Forschungs- und Entwicklungsphase. Außerdem werden die auf der 2. Generation beruhenden Verfahren oft als „noch nicht wirtschaftlich“ bezeichnet.
Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit erfolgt in erster Linie über einen Vergleich von Kosten und Erlösen im Kontext der (Bio-)Kraftstoff-Herstellung. Dabei werden die Biokraftstoffe der 1. Generation, die der 2. Generation und die Kraftstoffe aus fossilen Quellen miteinander verglichen. Kriterien wie z.B. der Nachhaltigkeit und der Ökobilanz (siehe hier) spielen in Zusammenhang mit vergleichenden Aussagen zur Wirtschaftlichkeit nur eine untergeordnete Rolle.
Die Mat. VII bis IX beinhalten Erläuterungen zu den Wegen der Herstellung von Biokraftstoffen aus Biomasse auf den Grundlagen des „Lignocelluloseverfahrens“, der „Gasifikation und/oder Pyrolyse“ bzw. der Gewinnung von „Bio-Erdgas“ aus Biogas. Auch Möglichkeiten des Einsatzes von Mikroorganismen bzw. die Leistungen ihrer Enzyme werden in diesen Zusammenhängen vorgestellt. Als Verständnishilfe für die Bioethanol-Herstellung aus Lignocellulose bietet das Mat. X einen Exkurs zum Thema „Zellwand“ an. Die Energiepflanze „Jatropha“ wird häufig als eine weitere wichtige Grundlage für die zukünftige Biokraftstoff-Herstellung genannt. Deshalb wird auf diese Energiepflanze im Mat. XI ausführlicher eingegangen. |
Mat. VII : Bioethanol aus Lignocellulose Mat. VIII : Biomass-to-Liquid / to-Gas Mat. IX : Biogas zu Bio-Erdgas (SNG) Mat.X : Exkurs Zellwand Mat. XI : Sonderfall Jatropha/Camelina |
Die Bearbeitung der Aufg. 10 – 15 ermöglicht u.a. Aussagen zu folgenden Fragen in Bezug auf die 2. Generation der Biokraftstoffe: |
Wo finden sich Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede beim Vergleich der Herstellungswege in dieser Kraftstoffgeneration? |
Welche Besonderheiten unterscheiden diese Kraftstoffe von denen der ersten Kraftstoffgeneration? |
Welche Argumente sprechen dafür und welche dagegen, dass diese Kraftstoffgeneration einen nachhaltigen* Beitrag im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes liefert? |
Welche Positionen vertritt die Politik – auf europäischer und nationaler Ebene – in Bezug auf die Herstellung von Biokraftstoffen in der 1. und 2. Generation? |
Wie sind die speziellen Wege des Flug- und Schiffsverkehr in Hinblick auf Biokraftstoffe zu beurteilen? |
Hinweise zur Bearbeitung der Aufg. 10 – 15 :
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Ausgangspunkte der 3. und 4. Generation* der Biokraftstoff-Herstellung sind Mikro- oder Makroalgen, Bakterien, sogenannte Urbakterien und einige niedere Pilze. Im Rahmen der Produktionsverfahren wird in der Regel angestrebt, möglichst viele weitere Stoffe für die Weiterverarbeitung, z.B. in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie, zu gewinnen.
Der umgangssprachliche Begriff „Alge“ (lat.: alga „Alge“, „Seegras“, „Tang“ engl.: algae, seaweed, kelb-forest) umfasst sehr verschiedene Organismengruppen. Die meisten Algen gehören zu den Pflanzen, sind ein- oder mehrzellig und einige bilden sogar einen Körper wie die höheren Pflanzen aus. Sie betreiben Fotosynthese (= autotroph) und leben vorwiegend in aquatischen Ökosystemen – von der Pfütze bis zum Weltmeer. Der Konsum von Algen, insbesondere Makroalgen, ist schon aus dem Altertum bekannt. Vor allem Regionen des asiatischen Raumes nutzen Algen – vornehmlich Makroalgen – in unterschiedlichster Zubereitung als eine bedeutsame Nahrungsgrundlage. Dabei ist aber zu unterscheiden zwischen Zuchtalgen und Wild-Ernte. Letzteres spielt heutzutage kaum noch eine Rolle (Abb. AV EB_6-22 Makroalgenproduktion). *In der Literatur werden beide Generationen auch unter der Bezeichnung 3. Generation zusammengefasst, wenn die Unterschiede der Biokraftstoff-Herstellung zwischen Wasser- und Landpflanzen im Vordergrund stehen.
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Im Kontext der Entwicklung entsprechender Verfahren wurde an vielen Stellen deutlich, dass es schwieriger ist, mit lebenden Organismen zu arbeiten, als mit Erntemasse oder Reststoffen. Jeder Organismus hat eben seine spezifischen Ansprüche an die Umwelt. Es wurde (wird) versucht, die daraus resultierenden Probleme – soweit möglich – mithilfe technischer und bio- bzw. gentechnologischer Maßnahmen zu lösen. Diese sogenannte Optimierung der eingesetzten Organismen betraf (betrifft) meistens die Veränderung
Die Ergebnisse waren nicht immer erfolgreich. In vielen Fällen kamen manche Entwicklungen nicht über das Labor- oder Pilotstadium hinaus. Einige im größeren Maßstab arbeitende Unternehmen konnten sich aufgrund zu hoher Produktionskosten nicht am Markt durchsetzen (siehe auch hier). Viele mussten ihren Betrieb in den ersten zehn Jahren dieses Jahrtausends wieder einstellen. Seit einigen Jahren geht man jedoch neue Wege in der Forschung, um Algen und Bakterien zukünftig doch zur Biokraftstoff-Herstellung nutzen zu können.
Folgende Ziele werden dabei verstärkt angestrebt:
In beiden Generation müssen die eingesetzten Organismen zunächst optimiert werden. Das bedeutet, dass sie sowohl nach herkömmlichen Methoden – der natürlichen Auswahl (= Selektion) – , als auch unter Einsatz gen- und biotechnologischer Methoden an die gewünschten Fähigkeiten angepasst werden. Sehr aufwendige Prozesse, die im Labor stattfinden. Nicht immer wird das gewünschte Ergebnis gleich erreicht, oft muss später „nachreguliert“ werden.
Auch der nächste Arbeitsschritt auf dem Weg z.B. zum Biokraftstoff ist grundsätzlich für beide Generationen gleich: Die eingesetzten Organismen müssen kultiviert werden. Damit verbunden ist die Schaffung – auch entsprechend der in den Organismen herbeigeführten Veränderungen – optimaler Umweltbedingungen. Nur so können Wachstum, Vermehrung und ungestörte Abläufe der gewünschten Stoffwechselleistungen stattfinden.
Auch die hiermit verbundenen Arbeitsschritte erfolgen zunächst in aufwendigen Versuchsreihen im Labor. Erst wenn diese erfolgreich sind, kann begonnen werden, die erprobten und kontrollierbaren Vorgänge in größere Maßstäbe, bis hin zum industriellen Maßstab, zu überführen.
Die Kultivierung von Mikroalgen erfolgt entweder in offenen oder geschlossenen Systemen. Dazu ist anzumerken, dass in der 3. Generation beide Systeme und in der 4. Generation fast ausschließlich geschlossene Systeme zum Einsatz kommen.Bei landgebundenen offenen Systemen – sogenannter Teichwirtschaft – muss primär ausreichend Wasser vorhanden sein. Dabei kann es sich sowohl um Wasser von relativ hoher Qualität handeln, in einigen Fällen aber auch um geeignete Abwässer. Die dort vorhandenen Kulturen müssen in Bewegung gehalten werden, damit auch alle annähernd optimal mit dem verfügbaren Sonnenlicht versorgt werden. Zugeführte Nährsalze sowie eingebrachtes Kohlenstoffdioxid müssen sich möglichst gleichmäßig verteilen. Abgestorbene Algen müssen entsorgt werden, um Fäulnisprozesse zu vermeiden. Ein Problem der offenen Kulturen ist auch die mögliche Kontamination mit Bakterien.Erprobt wird die Anzucht der Algen in bestimmten Abwässern, um im Sinne des Recyclings im Abwasser enthaltene Nährsalze und andere Stoffe wieder in den Stoffkreislauf zurückzuführen. Die verwendeten Abwässer müssen verschiedenste Ansprüche erfüllen. Sie müssen nicht nur frei von Schwermetallen und anderen Schadstoffen sein, sondern auch bestimmte Ansprüche der verwendeten Algen erfüllen, z.B. einen bestimmten pH-Wert aufweisen.Neben landgebundener Teichwirtschaft existieren auch offene System in marinen Bereichen. Dabei handelt es sich um sogenannte Offshore-Kulturen von Makroalgen. Von allen Algen produzieren sie pro Fläche und Jahr am meisten Biomasse. Alle offenen Kultivierungssysteme sind natürlicherweise schwerer zu steuern, weil sie den verschiedensten Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, z.B. der Verunreinigung mit nicht erwünschten Bakterien.Bei der Verwendung von Mikroalgen und Cyanobakterien kommen zunehmend geschlossene Systeme zum Einsatz. Dort entfallen viele der zuvor genannten Probleme. In sogenannten Fotobioreaktoren (Flachplatten-, Röhrenreaktoren) können viele Prozesse sehr gezielt gesteuert werden (Temperatur, pH-Wert, Versorgung mit Nährsalzen und Kohlenstoffdioxid, Entsorgung toter org. Substanz, etc.). Eine Kontaminierung mit Bakterien wird hier unwahrscheinlicher.Ein Problem, das nur schwierig gelöst werden kann, ist die gezielte Entgasung geschlossener Systeme, d.h. die Entfernung von zu viel Sauerstoff. Ab einer bestimmten Konzentration dieses Gases wird die Fotosynthese hemmt, gewünschte Stoffwechselprozesse blockiert und letztlich können die eingesetzten Organismen sogar vergiftet werden.Die Produktivität der geschlossenen Systeme übertrifft die der Teichsysteme pro Fläche und Volumeneinheit. Geschlossene Systeme verlangen allerdings einen noch höheren technischen Aufwand und Energieeinsatz. Vor allem deshalb sind sie wesentlich teurer als offene Systeme. Damit verbunden ist häufig eine Unwirtschaftlichkeit, im Vergleich zu der Biokraftstoff-Herstellung in der 1. Generation.Einen Weg, diesen Nachteil abzubauen, sehen Wissenschaftler in dem konsequenten Betrieb der Anlagen für die 3. und 4. Generation auf der Grundlage einer „Bioraffinerie“. Das heißt, dass die eingesetzten Algen und Bakterien als vielfältige Rohstoffquelle angesehen werden. Auf den Prozesswegen zum Biokraftstoff sollen dementsprechend möglichst viele weitere neue Produkte entstehen (siehe hier) bei gleichzeitiger Verringerung des Energieeinsatzes. Dabei kann es sich neben den Biokraftstoffen u.a. um Produkte für die chemische Industrie, den Kosmetik- oder Nahrungsmittelbereich sowie Futtermittel handeln.Die Zukunft von Biokraftstoffen in der 3. und 4. Generation wird allerdings noch von einem weiteren Faktor maßgeblich beeinflusst. Für den weltweit handelnden, sehr mächtigen Verbund vielfältiger Unternehmen aus dem Agrarsektor, die nach wie vor vorrangig für die Produktion der 1. Generation von Biokraftstoffen stehen, werden die beiden Generationen der „Algen-/Bakterienwege“ in Zukunft möglicherweise eine große Konkurrenz sein. |
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Letztlich wird die Politik maßgeblich entscheiden müssen (siehe Mat. I ff.), ob und wenn ja, nach welchen Grundsätzen bzw. Kriterien zukünftig noch Biokraftstoffe hergestellt und genutzt werden (siehe hier). Bisher zeigt sich die Politik allerdings – mit Ausnahme weniger Forschungsprojekte – nicht übermäßig interessiert an der Nutzung von Algen oder Bakterien zur Biokraftstoff-Herstellung.
Das Typische der 3. Generation der Biokraftstoffe ist die Nutzung bzw. Verarbeitung der kultivierten und dann geernteten Rohbiomasse. Wie zuvor erwähnt, werden solche Algen-/Bakterienarten genutzt, die unter chemischen und physikalischen Gesichtspunkten in ihrer Leistungsfähigkeit optimiert worden sind. Dieses erfolgt oft unter Einsatz gen- und biotechnologischer Methoden.
Die folgende Abbildung zeigt den grundsätzlichen Weg der Herstellung von Biokraftstoffen in dieser Generation. Was hier nicht wiedergegeben werden kann, ist das angestrebte Prinzip der Algen-Raffinerie, d.h. die zusätzliche Gewinnung verschiedenster Stoffe(= Neben- / Kopplungsprodukte) auf den Wegen zu den Endprodukten.
Die besondere Leistung der Enzyme besteht darin, dass die eingesetzten Organismen aufgrund ihres optimierten Stoffwechsels in ihren Zellen Zwischen- oder sogar Endprodukte für die Gewinnung von Biokraftstoffen und anderen Produkten enthalten. Diese müssen „lediglich“ aus der Algen-Rohmasse „entnommen“ werden (siehe Mat. XII ).
Alle Schritte bis hin zur Herstellung der verschiedenen Endprodukte sind zurzeit energieaufwendig. Vor allem die Kultivierung, die Trennung vom Medium (= Ernte) und Verarbeitungsvorbehandlungen (Zentrifugieren, Waschen, Gefriertrocknen, Mörsern etc.) treiben die Produktionskosten in die Höhe. Es wird intensiv daran gearbeitet, diese Kosten zu senken.
Kritisch sind hier bestimmte energieaufwendige Verfahrenstechniken zur Gewinnung der Endprodukte zu sehen, wie die Pyrolyse oder die Gasifikation.
Einen ganz anderen Weg geht die Herstellung von Biokraftstoffen in der 4. Generation. Grundlagen sind in erster Linie Mikroalgen und Cyanobakterien (= „Blaualgen“).
Ein maßgeblicher Unterschied zur 3. Generation besteht darin, dass hier nicht mehr die Algenbiomasse nach der Kultivierung geerntet und verarbeitet wird. Stattdessen produzieren die eingesetzten Organismen mit Hilfe ihrer optimierten Enzyme kontinuierlich in ihrem Stoffwechsel Zwischen- und Endprodukte, die nach außen abgegeben, „abgeschöpft“ und direkt verwertet oder noch weiterverarbeitet werden können.
Die eingesetzten Organismen werden als „Minifabriken“ angesehen, die mithilfe von Metabolic Engineering bzw. der Synthetischen Biologie an die speziellen Ziele angepasst worden sind. Der Kern aller Aktivitäten besteht darin, „benutzerdefinierte“ Vorgaben oder Ziele über die Steuerung verschiedenster Stoffwechselwege zu verwirklichen. Dazu gehören auch Veränderungen im Genom. Dieses ist u.a. durch die Beherrschung der CRISPR-CAS-Methode einfacher geworden (siehe AB 15_2.3). In diesen Punkten ähnelt die 4. Generation der Biokraftstoff-Herstellung weitestgehend der 3. Generation.
Wie auch schon in der 3. Generation der Biokraftstoff-Herstellung wird auch hier angestrebt, die Produktion im Sinne einer Bioraffinerie zu betreiben, d.h. im Rahmen der Nutzung möglichst viele Neben- bzw. Kopplungsprodukte herzustellen. In der Regel wird in dieser Generation nur in geschlossenen Systemen gearbeitet.
Die folgende Abbildung zeigt vereinfacht das Prinzip der Herstellung von Biokraftstoffe in dieser Generation.
Vor dem Hintergrund der direkten Nutzung von Stoffwechselleistungen zeigen sich bisher hauptsächlich folgende Probleme:
Weiter Probleme liegen im Stoff- und Energieeinsatz im Rahmen der Produktionsprozesse. Intensiv wird deshalb daran gearbeitet, dementsprechende Werte stark zu reduzieren. Unter anderem wird versucht, geeignete Abwässer oder Abgase zu nutzen und regenerative Energie einzusetzen. Auch hier erweisen sich die speziellen Ansprüche der jeweils ausgewählten Organismen als schwer lenkbar.
Ein grundsätzliches Problem beim Einsatz autotropher Mikroorganismen in geschlossenen Systemen besteht schließlich in der Produktion von Sauerstoff. Eine zu hohe Anreicherung im Medium stört die gewünschten Stoffwechselprozesse bzw. kann sogar tödlich sein, d.h. Enzyme werden in ihrer Aktivität gehemmt.
Realistischerweise muss gesagt werden, dass die auf der Basis von Mikroorganismen hergestellten Biokraftstoffe der 4. Generation zurzeit noch keine wirtschaftliche bzw. wettbewerbsfähige Alternative sind. In den meisten Fällen befinden sich die Arbeiten zur Nutzung von Mikroalgen und Cyanobakterien in der Forschungs- und Entwicklungsphase und müssen noch auf industrielle Maßstäbe übertragen werden. Einige Firmen, die zu Beginn des letzten Jahrzehnts versucht haben, am Markt zu bestehen, sind wieder verschwunden. Nach den Veröffentlichungen zu urteilen, nehmen Aktivitäten von Forschung und Entwicklung in diesem Bereich jedoch wieder deutlich zu. Die Umsetzung in den industriellen Maßstab ist angekündigt.
Gemeinsam arbeiten weltweit Wissenschaftler aus den Natur-, Ingenieur- und Geisteswissenschaften an der gesellschaftlichen Akzeptanz der neuen Biokraftstoffe und weiterer Stoffe auf der Grundlage von Mikroalgen und Bakterien. Die Notwendigkeit dazu ergibt sich aus der Nutzung bio- und gentechnologischer Methoden (siehe hier) beim Einsatz entsprechend veränderter Organismen. Risiken für die Umwelt müssen dabei ausgeschlossen werden.Informationen darüber enthält das Material Mat.XIV „Optimierung von Mikroorganismen zur Biokraftstoff-Herstellung – ein Sicherheitsproblem?“. |
Die Mat. XII und Mat. XIII behandeln das zuvor kurz Dargestellte in ausführlicherer Form. Anhand von Beispielen wird außerdem aufgezeigt, was grundsätzlich in der 3. und 4. Generation der Biokraftstoff-Herstellung und der damit verbundenen Gewinnung von Stoffen möglich ist. Aspekte zur Schaffung von Sicherheit beim Einsatz von gen- und biotechnologisch optimierten Algen und Cyanobakterien werden in Mat. XIV dargelegt. |
Mat. XII : Biokraftstoffe aus Algen-Biomasse Mat. XIII : Biokraftstoffe auf der Grundlage von Algen– und Bakterien-Stoffwechselprozessen Mat. XIV : Optimierung von Algen zur Biokraftstoff-Herstellung – ein Sicherheitsproblem? |
Die Bearbeitung der Aufg. 16 – 20 ermöglicht u.a. Aussagen zu folgenden Fragen in Bezug auf die 3. und 4. Generation der Biokraftstoffe: |
Was sind Algen und welche Bedeutung haben sie für das Leben in aquatischen (= Wasser-) Ökosystemen? |
Welche Besonderheit kennzeichnet die sogenannten Blaualgen (= Cyanobakterien)? |
Welche Schwierigkeiten müssen bewältigt werden, um aus Algen Biokraftstoffe und andere Produkte herzustellen? |
Was muss sich ändern, damit die Algenprodukte der 3. und 4. Generation wirtschaftlich werden? Was ist eine Algen-Bioraffinerie und worin liegt deren besondere Bedeutung? |
Wodurch unterscheiden sich die Ziele und die Herstellungswege der beiden Generationen? |
*Eine ökologische Nische ist kein räumliches Gebilde, sondern umfasst alle abiotischen und biotischen Faktoren, die die Existenz einer Art / mehrerer Arten ermöglichen.
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Wer die Notwendigkeit der Energiewende aufgrund des sich abzeichnenden Klimawandels bestreitet, dem ist eigentlich nicht zu helfen. Dennoch muss die Diskussion über die Möglichkeiten des Ersetzens fossiler Energieträger durch nachhaltige und klimafreundliche Energie und der damit verbundenen Reduzierung der CO2-Emissionen konsequent weitergeführt werden.
Allerdings wäre es naiv und damit nicht zielführend zu meinen, einen umfassenden oder gar vollständigen Wandel der Energienutzung auf den Grundlagen von Öko-Strom und grünem Wasserstoff bis 2030 bzw. 2050 auf globaler Ebene verwirklichen zu können. Schon in Deutschland und auf europäischer Ebene tun wir uns schwer genug, entsprechende Teilziele zu erreichen. Trotzdem müssen die angestrebten Vorstellungen weiterhin Leitlinie sein!
Das Gesagte verlangt jedoch auch zu überprüfen, ob – neben massiven Energieeinsparungen – ergänzend zur Nutzung von Öko-Strom und grünem Wasserstoff noch weitere Alternativen zukunftsorientierter sauberer Energie verfügbar sind. Ohne Zweifel gehören dazu vorwiegend der Einsatz der Geothermie sowie die Solartechnik zur Warmwasser- und Stromgewinnung.
In letzter Zeit sind auch die Forderungen nach der energetischen Nutzung von Biomasse wieder stärker geworden. Einsatzmöglichkeiten werden als Kraftstoff primär im Bereich der Großtechnik (Landmaschinen, Baumaschinen, Flugzeuge, Schiffe, etc.) gesehen, wo ein Strombetrieb kaum möglich ist. Auch der Einsatz von E-Fuels wird hier aus Gründen der benötigten Mengen nur eine begrenzte Rolle spielen können.
Da zurzeit mehr als 90 % der Weltproduktion von Biokraftstoffen auf Anbaubiomasse (siehe Mat.II) zurückzuführen ist, sind es vor allem Institutionen aus verschiedenen Bereichen der Agrarwirtschaft und der Kraftstoffindustrie, die sich diesbezüglich massiv engagieren. Es ist also die 1. Generation der Biokraftstoffherstellung (siehe hier), die dominiert.
Die Politik – zumindest in der EU – beabsichtigt dagegen bis 2030 gänzlich auf diese Art der Biokraftstoffherstellung zu verzichten (siehe Mat. I). Biosprit aus der 2.Generation (siehe hier) wird nur in geringem Maße produziert und Produktionsformen der 3. und 4. Generation (siehe hier) haben fast keine Bedeutung und auch nur eine sehr kleine Lobby.
Im Kontext mit den Forderungen nach der Nutzung von Biokraftstoffen gibt es viele kritische Fragen in Hinblick auf den damit verbundenen Umwelt- und Klimaschutz, aber auch zu damit verbundenen sozial-politischen, ökonomischen und technischen Gegebenheiten (siehe Mat.I).
Dabei wird allerdings noch zu wenig zwischen den verschiedenen Herstellungswegen bzw. Generationen unterschieden. Genau diese Diskussion sollte aber in der Gesellschaft und auf den verschiedenen politischen Ebenen stattfinden. Eine Meinungsbildung darf hier nicht nur den Lobbyisten überlassen werden! Nur so lässt sich entscheiden, ob bestimmte Formen der energetischen Biomasse-Nutzung den Anforderungen an eine zukunftsorientierte Energiewirtschaft entsprechen können und damit einen Beitrag zur Energiewende liefern – oder eben nicht!
Auch wenn die Politik bereits gewisse – wenn auch unvollständige – Vorgaben dazu gemacht hat (siehe Mat. I) sollten sich mehr Menschen mit dieser Thematik konstruktiv kritisch auseinandersetzen. Dieses Arbeitsvorhaben konnte vielleicht dazu etwas beitragen.
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