zurück zur Übersicht
siehe auch: Haupttext / 2. Generation mit allg. Übersicht und weiteren Aufgaben
Dieses Material ergänzt in erster Linie, das Mat. VII “Bioethanol aus Lignocellulose”. |
Pflanzen besitzen kein Skelett und keine Muskeln. Feste Strukturen können sie nur aufgrund eines Zellinnendruckes und ihrer Zellwand bilden, die jede Zelle umschließt. Sie legt die Größe, die Stabilität und die Form einer pflanzlichen Zelle fest und gibt damit der Pflanze als Ganzes bzw. ihren Teilen damit eine sinnvolle Struktur. Die Dicke, Zusammensetzung und die Struktur der Zellwand sind je nach Pflanzenart, -alter und -zelltyp sehr unterschiedlich. Nach der Zellteilung beginnt die Bildung der Zellwände der beiden neuen Zellen mit der Entstehung der Mittellamelle. Ausgangspunkte sind Teile des Golgi-Apparates (= Zellorganelle; Syntheseort für verschiedenste Produkte), gefüllt mit synthetisierten Pektinen*. Einzelne Golgi-Vesikel (= Membran-Bläschen) schnüren sich ab, sammeln sich in der Äquatorialebene und verschmelzen miteinander. Aus den Membranen der Vesikel entstehen die Biomembranen, die das Zellinnere der neuen Zellen umschließen. *Pektine sind sehr spezielle Vielfachzucker (=Polysaccharide) die von verschiedenen Enzymen synthetisiert werden. Sie sind gelartig und „verkleben“ gewissermaßen benachbarte Zellen miteinander. Für den Menschen sind sie in pflanzlicher Nahrung Ballaststoffe und in Zusammenhang mit Nahrungsmitteln werden Pektine als Geliermittel – z.B. beim Marmeladenkochen – verwendet. |
Mit Beginn des sich anschließenden Wachstums einer Zelle entsteht die zunächst noch elastische primäre Zellwand. Deren Hauptbestandteil ist das Polysaccharid Cellulose – ein kettenartiges langes Molekül, bestehend aus vielen tausend Glucose-Bausteinen (siehe hier). Dieses Makromolekül lagert sich gewissermaßen auf der Mittellamelle an (Abb. Mat. VIII-2) und viele dieser Makromoleküle bilden gemeinsam sogenannten Fibrillen (= längliche Fasern). Diese wiederum erzeugen zunehmend ein festes sehr stabiles Netz um die ganze Zelle herum. Die Synthese der Cellulose erfolgt durch mehrere Enzyme (= Cellulase-Synthasen) in der Zellmembran. Sie verknüpfen Glucose-Moleküle miteinander und bewirken auch deren räumliche Ausrichtung im Cellulosemolekül. Über weitere Synthesewege wird das Polysaccharid Hemicellulose gebildet und zum großen Teil mit den Cellulose-Fibrillen über Seitenketten „verankert“. Auch hier handelt es sich um ein Polysaccharid, dessen Zusammensetzung je nach Pflanzenart variiert.
Sobald die Zelle aufhört zu wachsen, entsteht die viel dickere sekundäre Zellwand durch die An- bzw. Einlagerung von Lignin, d.h. die Zellen verholzen. Lignin ist der Hauptbestandteil von Holz und dient insbesondere der Verbesserung der Stabilität. Zusätzlich dient Lignin für die Pflanzen auch als Barriere und schützt so vor Parasitenbefall. Jede Pflanze bzw. jeder Pflanzenteil hat ihren spezifischen Ligningehalt (siehe Mat. VII Tab.1). Außerdem ist der molekulare Aufbau des Ligninmoleküls nicht bei allen Pflanzenarten identisch.
Die Lignin-Synthese selbst ist äußerst komplex und von Pflanzenart zu Pflanzenart sehr unterschiedlich. Lignin besteht aus drei, allerdings mehrdimensional miteinander vernetzten Bausteinen (Cumaryl-, Coniferyl- und Sinapylalkohol).
Dieses ist auch der entscheidende Grund dafür, dass es bisher schwierig ist, Lignin mittels chemischer Verfahren und erst recht auf biologischem Wege mithilfe von Enzymen in seine Bestandteile zu zerlegen (siehe hier)
Durch klassische Züchtung und „metabolic Engineering“ (siehe hier) werden bestimmte Gene des Lignins verändert, vor allem um Pappeln und Weiden mit Lignin-Formen zu erzeugen, die dann zur Biokraftstoff-Herstellung besser genutzt werden können. Konkret wird z.B. in die Lignin-Synthese eingegriffen, mit dem Ziel andere Moleküle in das Netz der drei Bausteine einzufügen, damit die Ligninstruktur dann besser auflösbar ist.
Einen ganz anderen Weg verfolgen Wissenschaftler, deren Vorbilder die sogenannten C4-Pflanzen, wie z.B. Mais, Zuckerrohr und China-Schilf sind. Bei C4-Pflanzen verläuft die Fotosynthese „arbeitsteilig“. Bestimmte Blattzellen nehmen CO2 auf und speichern es bei starkem Licht und höheren Temperaturen. Andere Zellen verwerten dann später das gespeicherte CO2 im Rahmen des Calvin-Zyklus und es entsteht Zucker. Bei den speziell für die Biokraftstoffherstellung angebauten Hölzern erzielt man zurzeit einen Ertrag von bis zu 4.000 L Biokraftstoff pro Hektar. Zukünftig sollen gentechnisch veränderte Kurzumtriebspflanzen einen noch wesentlichen höheren Ertrag erbringen. Neben dem Lignocelluloseverfahren wird auch die thermochemische Umwandlung (z. B. Pyrolyse, siehe hier) zur Herstellung von Biokraftstoff, z.B. aus Kurzumtriebspappelholz erprobt.
|
|
Linkliste (Auswahl) zum Stichwort “Zellwand”:
https://de.wikipedia.org/wiki/Cellulose (Zugriff: 2020-08-23)
https://de.wikipedia.org/wiki/Hemicellulose (Zugriff: 2020-08-23)
https://de.wikipedia.org/wiki/Pektine (Zugriff: 2020-08-23)
https://de.wikipedia.org/wiki/Lignin (Zugriff: 2020-08-23)
https://www.mpg.de/5801987/W001_Materialwissenschaften_026-033.pdf (Zugriff: 2020-08-23)
http://www.ifholz.de/DHBV_Tagung_2003_Abbauleistungen_Lauenburg.pdf (Zugriff: 2020-08-23)
https://www.trendsderzukunft.de/rohstoffe-dieses-bakterium-ermoeglicht-kunststoffproduktion-aus-holzabfaellen/ (Zugriff: 2020-08-23)
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.