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siehe auch: Haupttext dritte und vierte Generation mit allg. Übersicht und weiteren Aufgaben |
Mit dem Einsatz von Mikroorganismen – Algen, Bakterien und Hefen – zur Biokraftstoff-Herstellung und anderen Produkten in der 3. und 4. Generation werden verschiedenste positive Aspekte verknüpft (siehe hier). Diese bleiben jedoch bedeutungslos, solange es in diesen beiden Generationen nicht gelingt, dass sie auch wettbewerbsfähig gegenüber den Biokraftstoffen in der 1. und 2. Generation (siehe z.B. Mat. III oder VIII) sind. Damit verbunden ist zweifellos die Notwendigkeit die verwendeten Organismen möglichst leistungsfähig zu machen und im Rahmen der Anwendungen einen deutlichen Beitrag zur Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase zu leisten.
Da in der Natur kaum Mikroorganismen vorkommen, die den Ansprüchen der Forschung und der Umsetzung in Produktionsprozesse entsprechen, werden ausgewählte Mikroorganismen gezielt verändert.
Zum einen wird eine genetische Optimierung vorgenommen. Als Anwendungsbereich wird auch von sogenannter „Weißer Gentechnik“ gesprochen. Die damit verbundenen Aktivitäten lassen sich bisher am besten mithilfe der Begriffe „Metabolic Engineering“ und „Synthetische Biologie“ umschreiben (Erklärungen siehe AB 15_2.3 „Proteine – gestern, heute und morgen“).
Zum anderen erfolgen parallel dazu sogenannte biochemische Optimierungen. Dabei werden zunächst bestimmte Eigenschaften des jeweiligen Organismus überprüft, vor allem spezifische Stoffwechselleistungen und Toleranzbereiche. Nach erfolgten genetischen Veränderungen wird erneut getestet, ob diese Maßnahmen zu der gewünschten Leistungsfähigkeit bzw. Eigenschaft geführt haben.
Im Rahmen der „Entwicklung“ optimierter Mikroorganismen ist es sowohl aus rechtlichen, als auch ethisch moralischen (siehe hier) Gründen notwendig, den Aspekt Biosafety (= biol. Sicherheit) im Blick zu haben. Dabei geht es darum, zu analysieren, ob die betroffenen Mikroorganismen Umweltschäden verursachen können und wie dieses von vornherein zu vermeiden ist.
Biosafety (Biosicherheit)
„Biosicherheit bezieht sich auf den systematischen Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen und der Umwelt vor Gefahren, die mit dem Umgang mit biologischen Agenzien verbunden sind. Unter dem Begriff der biologischen Agenzien werden Mikroorganismen, Giftstoffe (Toxine) und andere biologische Stoffe zusammengefasst, die lebenswichtige physiologische Funktionen schädigen können. Ein zentrales Gegenstandsfeld der Biosicherheit ist daher die Mikrobiologie als Wissenschaft von den Mikroorganismen, einschließlich der gentechnischen Manipulation von Mikroorganismen und der künstlichen Herstellung ihrer Komponenten durch Gentechnik und Synthetische Biologie sowie der von Mikroorganismen produzierten Toxine.“
Zitat Deutscher Ethikrat (Hrsg.): Biosicherheit Freiheit und Verantwortung in der Wissenschaft. Berlin 2014, S. 12. / Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Biosicherheit
In Hinblick auf die 3. und 4. Generation der Herstellung von Biokraftstoffen und anderen Produkten gibt es zwei Bereiche, die in Zusammenhang mit möglichen Sicherheitsproblemen zu nennen sind:
Wenn auch in geringerem Maße betreffen Fragen zur Biosicherheit auch die 1. und 2. Generation der Biokraftstoff-Herstellung. |
Abb. Mat. XIV-1 |
Unter dem Aspekt Biosafety sind in jedem Fall die unterschiedlichen Umgebungen bei der Kultivierung von Mikroalgen, Cyano-, andere Bakterien oder Hefen zu nennen. Es ist zu unterscheiden zwischen offenen Systemen ( = Teiche, Abb. Mat. XIV-2) oder geschlossenen Systemen (Fotobioreaktoren, Fermenter, Abb. Mat. XIV-3).
Lösungen zu Aufg. 1 u. 2
zu 1. |
Die Folgen einer ungewollten Freisetzung genmanipulierter Mikroalgen könnten sein, dass
*vertikaler Gentransfer: Gene werden an die folgenden Generationen weitergegeben. Für Cyano- und andere Bakterien sowie Hefen treffen in erster Linie die Hinweise auf den vertikalen und horizontalen Gentransfer sowie die Freisetzung unerwünschter (Stoffwechsel-)Produkte und Nebenprodukte zu. |
Mikroorganismen und „Gentransfer“ erzeugen unter dem Gesichtspunkt Biosafety negative Vorstellungen. Ausschließlich negatives Denken ist hier jedoch nicht gerechtfertigt! Der Gentransfer, – vertikal oder horizontal – ist nicht nur etwas ganz Natürliches, sondern in vielen Fällen sogar etwas Notwendiges. Dass Wissenschaftler die mit dem Gentransfer verbundene Problematik dennoch ernst nehmen, zeigt die Aufg.6 am Ende des Materials.
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Mögliche Probleme hinsichtlich der Freisetzung optimierter Mikroorganismen verlangen entsprechende Lösungen. Sie müssen in den Bereichen Laborarbeiten, Kultivierung, Verarbeitung, Produktgewinnung und -veredelung erbracht werden.
Ein in der Forschung sehr intensiv verfolgter Weg ist die Sicherung der gentechnisch optimierten Mikroorganismen selbst. Die Grundlagen liefern in den gleichen Vorgehensweisen und Methoden, wie die bei der Anpassung der Organismen an die gewünschten Produktionsziele: das Metabolic Engineering bzw. die Synthetische Biologie (siehe siehe AB 15_2.3).
Im Folgenden werden einige von vielen vorhandenen Ansätzen vereinfacht erläutert.
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In welchem Umfang entsprechende Maßnahmen bei der Optimierung von Mikroorganismen weltweit angewendet werden, ist schwer zu sagen. Von Wissenschaftlern und Umweltschutzorganisationen wird vor allem beklagt, dass international klare Regelungen nur unzureichend vorhanden sind. So wird u.a. der Aufbau einer „Hazard (= Gefahr) / Risk Knowledge Base =Risiko-Wissensdatenbank“ gefordert.
Nicht zuletzt spielt auch der Patenterwerb hier eine nicht unbedeutende Rolle: Nicht nur neu entstandene Startups geben ihr Wissen bezüglich vorgenommener „Optimierung“ bei Mikroorganismen nicht so gerne preis. In Deutschland sind sowohl das Bundesministerium für Umwelt (BMU), das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Entscheidungsträger, wenn es darum geht, optimierte Mikroorganismen einzusetzen. Grundlagen sind hauptsächlich das Gentechnikgesetz (GenTG) und die Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (GenTPflEV). Zumindest im europäischen Raum wird anscheinend davon ausgegangen, dass die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen und Verordnungen entsprechende Risiken beherrschbar machen. Allerdings darf man nicht übersehen, dass entsprechende Forschungen und Entwicklungen weltweit rasant zunehmen. Inwieweit in anderen Ländern eine hinreichende Vorsorge getroffen wird, kann hier nicht bewertet werden. |
Probleme durch genetische Optimierung !? DGAT1 Enzyme sind verantwortlich für die Bildung von Triglyceriden* in Ölpflanzen, z.B. Raps. Die zugrundeliegenden Gene, genauer gesagt Genabschnitte, sind bekannt. Raps ist eine Grundlage für die Ölgewinnung mit dem Ziel der Biodiesel-Herstellung (siehe Mat. VI). Für die Synthese der in diesem Zusammenhang verwertbaren Triglyceride* ist das Enzym Diacylglycerolacyltransferase (BnDGAT) zuständig. Es gibt vier verschiedene Formen (DGAT 1-4) dieses Enzyms. *Triglyceride sind Fette, die aus Glycerin und drei Fettsäuren zusammengesetzt sind. |
Es folgen einige Links zu den hier angesprochenen Themen. Dort gegebenenfalls unter Verwendung von Suchbegriffen weiterlesen.
(Zugriff gilt für alle: 2021-12-11)
https://www.gesetze-im-internet.de/gentg/BJNR110800990.html
http://www.gesetze-im-internet.de/gentpflev/index.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Biosicherheit
https://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Sicherheitsstufe
https://en.wikipedia.org/wiki/Biosafety
https://www.bvl.bund.de/Such_Formular.html*
https://www.fraunhofer.de/de/Such_formular.html*
https://www.mpg.de/11659628/forschungseinstiegsseite*
https://www.drze.de/im-blickpunkt/gmf/module/gentechnisch-veraenderte-mikroorganismen
https://www.transgen.de/search?transgen_search=Sicherheit*
http://www.zkbs-online.de/ZKBS/DE/ *
https://www.zkbs-online.de/ZKBS/DE/SynthetischeBiologie/
https://de.wikipedia.org/wiki/Quorum_sensing
https://studyflix.de/biologie/genexpression-2646
*Quelle mit weiterführenden Links!!!
Fachartikel zu diesem Themenbereich lassen sich unter Verwendung folgender verschiedener Suchbegriffe in unterschiedlichen Kombinationen, meistens leider nur auf Englisch, finden: „transgenic / genetic engineering / synthetic biology / risk / safety / microalgae / cyanobacteria / risk biofuels“
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