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siehe auch: Haupttext / 3. u. 4. Generation mit allg. Übersicht und weiteren Aufgaben |
Das folgende Fließschema kann nur vereinfacht und verallgemeinernd sein, da
Dennoch sollten die folgende Abbildung und die sich daran anschließenden Ausführungen dazu beitragen, über den zukünftigen Stellenwert der Nutzung von Algen-Biomasse für die Biokraftstoff-Herstellung zu diskutieren.
Biokraftstoffe aus Algen-Biomasse / Fließschema
Biokraftstoffe aus Algen-Biomasse / Erläuterungen
Artenauswahl
Bestimmte Mikroalgen und Cyanobakterien sind in der Lage, besonders gut Lipide aufzubauen. Damit werden sie u.a. für die Biodiesel-Herstellung interessant. Andere Mikroalgen, wie auch viele Makroalgen, zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders viel Kohlenhydrate aufbauen und speichern. Deren Biomasse wird bevorzugt für die Bioethanol- oder Biogas-Herstellung genutzt. Vor allem für die Herstellung spezifischer Neben- bzw. Kopplungsprodukte spielt manchmal auch der Proteingehalt der Algen-Biomasse eine zusätzliche Rolle, wie z.B. bei der Produktion von Futtermitteln. Um zu einer Entscheidung zu kommen, welche Algenart letztlich für die Kultivierung infrage kommt, müssen umfangreiche experimentelle Vorarbeiten geleistet werden. Auch wenn es in diesem Kontext häufig um die Ermittlung von Toleranzbereichen bzw. ökologischer Potenz geht (siehe AW 5a „Ein besonderes Diagramm – die Toleranzkurve “) so ist hier nicht immer der optimale Bereich derjenige, der erstrebenswert ist. Um die experimentell ermittelten Bedürfnisse einzusetzender Algen- und Cyanobakterien weiter zu verbessern und dauerhaft für die Produktionsprozesse verfügbar zu machen, bedarf es weiterer Arbeitsschritte. Es handelt sich dabei um Maßnahmen der klassischen Züchtung und/oder der gen- und biotechnischen Optimierung. Für die gen- und biotechnische Optimierung von Mikroalgen und Cyanobakterien ist die Aufklärung der Gensequenz des zu optimierenden Organismus Voraussetzung. Erst durch Veränderung von Teilen der Gensequenz durch eine Vielzahl von heute zur Verfügung stehende Methoden (siehe auch AB 15_2.3) steht letztlich ein „neuer“ gewünschter Organismus zur Verfügung. Zu wichtigen Methoden gehören u.a. die Zufallsmutagenese, der Einsatz von CRISPR/Cas-Methode, aber auch der Gentransfer mithilfe von Agrobacterium tumefaciens. In diesen Zusammenhängen wird intensiv daran geforscht, wie zu vermeiden ist, dass so optimierte Algen und Cyanobakterien in der Umwelt Schäden anrichten können (siehe auch AB Mat. XIV). Bei Makroalgen werden gen- und biotechnologische Methoden nicht verwendet, sondern allenfalls die klassische Züchtung. Aber auch hier müssen umfangreiche Versuche zur biochemischen Optimierung durchgeführt werden, bis man sich entschließt, die gewählte Makroalgenart (= auch Seetang oder Kelp) für die Gewinnung von Biokraftstoff und weiteren Stoffen einzusetzen. Ein Großteil dieser Versuche findet im Freiwasser, d.h. in der Regel im Meer statt. Die besonderen Vorteile der Makroalgen liegen darin, dass
Eine häufig ausgewählte Makroalge ist der Riesentang Macrocystis pyrifera. Er gehört zu den am schnellsten wachsenden Pflanzen und seine Lebensbedingungen sind weitgehend aufgeklärt. |
Kultivierung
Für die Kultivierung von Mikroalgen und Cyanobakterien werden neben Teichsystemen vermehrt Fotobioreaktoren eingesetzt. Im ersten Fall besteht direkter Kontakt mit der Luft, im zweiten ist das System gegenüber der Umwelt geschlossen.
Die bereits bei der Artenauswahl ermittelten und festgelegten Rahmenbedingungen für eine optimale Leistung der einzusetzenden Organismen müssen technisch umsetzbar sein. In beiden Systemen muss u.a. dafür gesorgt werden, dass die Kulturen zur Schaffung einer einheitlichen Umgebung (Lichtmenge, Gasmenge und -art) ständig durchmischt werden, immer eine festgelegte Düngermenge (= Nährsalze) zugeführt und auch Abwasser entsorgt wird. In Versuchen wird erprobt, bestimmte Abwässer als Düngergrundlage zu nutzen oder spezifische Abgase zur CO2-Versorgung einzusetzen.
Ein weiteres großes Problem – hauptsächlich in Teichsystemen – ist die Gefahr der Infektion der verwendeten Organismen mit schädigenden Bakterien. Für Teichsysteme gilt es zudem zukünftig den teilweise hohen Bedarf an frischem Süßwasser zu senken.
Bei Makroalgen bzw. dem Kelp-Forest entfallen die zuvor genannten Probleme. Allerdings gibt es auch hier Hindernisse, die überwunden werden müssen. So können die Makroalgen nur genutzt werden, wenn sie verankert sind. Zu groß wäre das Risiko, dass sie sonst ins offene Meer abtreiben würde.
Mit zunehmender Entfernung von der Wasseroberfläche nimmt die Intensität der Sonnenstrahlung ab. Demzufolge wachsen die Makroalgen nur bis in eine Tiefe von ca. 20 – 50 Metern. Gleichzeitig befinden sich aber die von den Makroalgen benötigten Nährsalze eher in tieferen Wasserschichten.
Eine Lösung dieses Problems sehen Wissenschaftler darin, dass sie aufzugähnliche Verankerungen für den Seetang nutzen und damit den Seetang tagsüber bis nahe an die Oberfläche heben und nachts in nährsalzreichere Tiefen absenken (Abb. Mat. XII-10 / Film unten). Ein anderer Ansatz besteht darin, nährsalzreiches Tiefenwasser in die oberen Schichten zu pumpen. Berechtigte Kritik an beiden Wege ist der nicht geringe Energieaufwand.
https://www.youtube.com/watch?v=GJJZu8o0wRg Unter den Stichworten „Makroalge“ oder „Kelp“ finden sich weitere kurze Youtube- Filme zu diesem Thema. |
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Ernte
Am Ende der Kultivierung steht die Ernte der Algen. Entscheidend für die Erntetechnik ist die zukünftige Nutzung der Biomasse. Hohe Ansprüche an Reinheit werden für die eventuelle Lebensmittelherstellung erwartet, weitestgehende Trocknung speziell für die Lipidgewinnung.
Die Ernte erfolgt durch Ausflockung, Filtration, Zentrifugation, Konzentration oder durch Trocknungsverfahren. Es entsteht eine mehr oder weniger feuchte Algen-Rohmasse. Diese muss dann weiter unter den Gesichtspunkten der Ziel- und Nebenprodukte bearbeitet werden. Makroalgen können ohne größeren Aufwand dem Meer entnommen werden. Ihnen wird dann das Wasser durch Pressen oder Wärme-Trocknung teilweise entzogen.
Vorbereitung für die Verarbeitungswege
Das wesentliche Ziel dieser Vorbereitungen besteht darin, dass die in der Algenbiomasse enthaltenen Lipide, Kohlenhydrate und Proteine mithilfe physikalischer, chemischer oder biologischer Verfahren aus den Zellstrukturen freigesetzt und zugänglich gemacht werden. Erst dann können diese energiereichen Ausgangsstoffe in einem der eigentlichen Prozesswege zur Gewinnung von Biokraftstoffen und anderen Produkten genutzt werden.
Die dabei eingesetzten Verfahren, die Zellbestandteile zu zerstören und Inhaltsstoffe zugänglich zu machen sind z.B. Mikrowellen, Ultraschall, Hitze oder Einsatz von Säuren und Laugen. Auch biologisch-enzymatische Verfahren mittels Mikroorganismen können eingesetzt werden. So produzieren zum Beispiel bestimmte Pilze Enzyme aus der Gruppe der Cellulasen, die die Zellwände der Algen aufbrechen. Insbesondere der Einsatz von Mikroorganismen kostet viel Zeit und ist zudem sehr kostenintensiv.
Die Biomasse der Makroalgen wird in der Regel zerkleinert bzw. gemahlen und dann den endgültigen Prozesswegen zugeführt.
Im Rahmen dieser Vorbereitungen können auch Wege für die Gewinnung einer Reihe von Neben- / Kopplungsprodukten sowohl für Mikro-, Makroalgen und Cyanobakterien eingeleitet werden.
Prozesse zur Herstellung der Haupt- und Nebenprodukte
Es gibt zwei Hauptstränge mit verschiedenen Teilsträngen, um energiereiche Endprodukte und verschiedenste Nebenprodukte herzustellen:
Häufig besteht nach wie vor das Problem, Algenbiomasse im industriellen Maßstab zu verarbeiten. Nicht zuletzt deshalb gibt es kaum vollständige Untersuchungen nach dem Prinzip einer Lebenszyklusanalyse (siehe hier).
Kritisch wird die Nutzung der Algenbiomasse zur Biokraftstoff-Herstellung vorwiegend in Hinblick auf die Energie- und Treibhausgasbilanzen gesehen. Gleiches gilt auch für den Düngereinsatz bei Teichsystemen sowie die Nutzung bzw. Belastung des Wasserhaushaltes.
Nicht zu unterschätzen ist auch die Konkurrenz der bereits vielfach im industriellen Maßstab genutzten Wege der Biokraftstoff-Herstellung in der 1. Generation.
Zwei Dinge würde hier relativ schnell entscheidende wirtschaftliche Verbesserungen mit sich bringen: Die Nutzung von regenerativ erzeugtem Strom und die verstärkte Nutzung geeigneter Abwässer und Abgase.
Es wird weltweit daran geforscht, diese Defizite im Rahmen der Nutzung von Algenbiomasse für die Produktion von (Biokraft-)Stoffen zu reduzieren.
Beispiel: Biodiesel-Herstellung aus Algenbiomasse
Einen besonderen Stellenwert besitzen bestimmte Mikroalgen und Cyanobakterien in Hinblick auf die Biodiesel-Herstellung. Verwendet werden u.a. Mikroalgen, wie z.B. die Kieselalge Nitzschia sp. oder bestimmte Arten der Grünalge Chlorella, die im Zellinneren Lipide speichern. Über verschiedene gen- und biotechnologische Wege werden Veränderungen in der Fettsäuresynthese (siehe Exkurs unten) und der Speicherung von Fettsäure in der Zelle vorgenommen. Dabei wird nicht nur eine Leistungssteigerung der beteiligten Synthesen erreicht, sondern auch eine damit verbundene molekulare Umgestaltung der vorhandenen Fettsäuren angestrebt. Für die Gewinnung von Biodiesel können die besonders lipidhaltigen Algen(-zellen) mithilfe von Mikrowellen oder Ultraschall aufgebrochen oder gepresst werden, um dann Öl zur späteren Umesterung (siehe Mat. VI) zu gewinnen. Bleibt noch anzumerken, dass bei Landpflanzen, die zur Öl-Gewinnung die Produktivität wesentlich geringer ist als bei Algen. Der Ölgehalt beträgt bei Landpflanzen oft weniger als 5% , bei vielen Algen bis zu 70% der Biomasse. |
Exkurs: Fettsäureaufbau und Lipidspeicherung in Mikroalgen
Die wesentlichen Schritte zum Fettsäureaufbau findet bei den grünen Pflanzen in den Chloroplasten statt. Fettsäuren sind mehr oder weniger lange Kohlenstoff-Wasserstoff-Ketten (siehe AB 1_2.2). Die Synthese der Fettsäuren erfolgt im Stroma der Chloroplasten ebenfalls über eine Enzymkette, dem Fettsäure-Synthase-Komplex. Diese Enzyme sind bezüglich ihrer Struktur und Funktion sowie der bestehenden genetischen Grundlagen bekannt. Unter Verarbeitung von Kohlenstoffatomen bilden sie einfach ungesättigte Fettsäureketten bis zu einer Länge 16 oder 18 C-Atomen. Da die meisten Enzyme, die an diesen Prozessen beteiligt sind, nicht nur bezüglich ihrer Struktur und Funktion erforscht, sondern auch deren jeweils vorliegenden genetischen Grundlagen bekannt sind, können dort Änderungen vorgenommen werden. Die damit geänderten enzymatischen Abläufe können zu anderen Reaktionen und Produkten führen. Bei den Cyanobakterien, verlaufen die Synthesewege in nur bedingt ähnlicher Art und Weise. Aber auch diese sind weitestgehend erforscht und dementsprechend zukünftig nutzbar. *Enzymkomplex: Mehrere Enzyme, die in aufeinanderfolgenden Schritten verschiedene Reaktionen zwischen Substraten und Enzymen bewirken und damit eine Reaktionskette darstellen. |
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