FW 5
Thema: Experimentieren


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Hinweis: Innerhalb dieses Projektes werden die beiden Begriffe „Versuch“ und „Experiment“ aus Gründen der Vereinfachung als gleichwertig angesehen. Die Begriffe „experimentieren / Experiment“ könnten also durch die Wörter „einen Versuch durchführen / Versuch“ ersetzt werden und umgekehrt.


Du sollst experimentieren, d.h. ein Experiment (lat.: experimentum „Versuch, Beweis, Prüfung, Probe“) planen, durchführen und auswerten.
Was ist damit eigentlich gemeint?

Experimentieren bedeutet:
Ausgehend von einem Problem werden bestimmte Vorstellungen entwickelt und eine dazu passende Aussage formuliert. Auf der Grundlage einer sich anschließenden genauen Planung erfolgen dann verschiedene Arbeitsschritte zur Überprüfung dieser Aussage, d.h. die bestehenden Vorstellungen werden mit der Wirklichkeit verglichen. Aufgrund von Beobachtungen wird ein Ergebnis diskutiert und formuliert, das die zu Beginn formulierte Aussage als richtig oder falsch ausweist.

Experimentieren

Diese etwas theoretisch klingende und kurz gefasste Definition zum Experimentieren bzw. zum Experiment wird im Folgenden konkreter erläutert.
Dem besseren Verständnis dient folgende kurze Geschichte, in der sich die sich anschließenden Erläuterungen widerspiegeln.

Das Experimentieren bzw. das Experiment ist dadurch gekennzeichnet, dass

  • ein Problem auftaucht,
  • dieses zur Formulierung einer problembezogenen Annahme, häufig in Form einer FragestellungVermutung* oder Hypothese*, führt,
  • die Vorgehensweise zur Beantwortung bzw. Überprüfung dieser Formulierung genau geplant wird,
  • die Vorgehensweise gezielt veränderbare Bedingungen enthält (nicht zwingend bei einer Vermutung),
  • beobachtbare Daten erhoben werden,
  • eine Wiederholbarkeit unter gleichen Bedingungen möglich ist,
  • die Dateninterpretation die Formulierung eines Ergebnisses zulässt,
  • eine Fehleranalyse / -interpretation vorgenommen werden kann,
  • das ursprüngliche Problem gelöst worden ist, da die Fragestellung beantwortet wurde bzw. die Vermutung oder Hypothese sich als zutreffend oder nicht zutreffend erwiesen hat.
1846 starben mehr als ein Drittel der in der Wiener Gebärklinik eingelieferten Frauen am Kindbettfieber. Der Wiener Arzt Dr. Ignaz Semmelweis (1818-1865), der die Leitung der Klinik übernommen hatte, wollte sich damit nicht abfinden. Die Verantwortlichen, die er mit der hohen Sterblichkeitsziffer konfrontierte, zuckten nur mit den Schultern. Zu diesem Zeitpunkt war die Existenz von Bakterien vollkommen unbekannt. Semmelweis fiel auf, dass viele Ärzte an Leichen Untersuchungen vornahmen, bevor sie in den Kreißsaal gingen, um Geburtshilfe zu leisten. Keiner dieser Ärzte wusch sich die Hände.
Semmelweis hatte folgende Idee: In der Tatsache, dass sich die Kollegen nicht die Hände wuschen, könnte die Ursache für die hohe Sterblichkeitsrate liegen. Seine Kollegen reagierten empört. Es war für sie unvorstellbar, davon auszugehen, dass sie selbst Schuld an der hohen Sterblichkeitsrate waren!
Um seine Vermutung zu belegen, wies er die Ärzte an, sich auf dem Weg zum Kreißsaal die Hände mit Chlorkalk zu waschen. Einige Zeit später war die Sterblichkeit auf etwa zwei Prozent gesunken.
Trotz seiner Erfolge wurde seine Arbeit in der Klinik nicht anerkannt. Erst mehrere Jahre später führte eine Überprüfung seiner Maßnahmen zu entsprechenden Veränderungen in den Kliniken.“

Definitionen „Vermutung“ / „Hypothese“ unklar?

Vermutung
Eine Vermutung ist eine Aussage, die aufgrund eines erkannten Problems formuliert wird.
Ihre Formulierung beruht nicht
– zwingend auf logisch eindeutig nachzuvollziehenden Grundlagen,
– auf einer bestehenden Theorie bzw. bereits bekannter und bewiesener Tatsachen.
Vereinfacht könnte man sagen, dass man meint, etwas könnte so sein und man möchte das gerne überprüfen. Die sich anschließende Vorgehensweise zur Überprüfung der Vermutung ist dennoch so genau und sorgfältig wie möglich.

Hypothese
Eine Hypothese (griech.: hypóthesis „Unterstellung“) ist eine Aussage, die aufgrund eines erkannten Problems formuliert wird.
Ihre Formulierung beruht auf einer Begründung, d.h. bereits vorhandene, bekannte Tatsachen und/oder Theorien haben einen entscheidenden Einfluss auf den Inhalt der Hypothese und der sich anschließenden, genau geplanten Vorgehensweise zur Überprüfung der Hypothese.
Typisch für die Überprüfung einer Hypothese sind veränderbare Bedingungen (Variablen) und Beobachtungen, die in Form von Messwerten erfassbar sind.

Unterschiede: qualitativer oder quantitativer Versuch

Qualitative Versuche befassen sich mit relativ einfachen Fragestellungen, zeigen einen einfacheren Versuchsaufbau bzw. -Ablauf  und sind dementsprechend wesentlich einfacher durchzuführen. Bei den damit verbundenen Fragestellungen, Vermutungen oder Hypothesen will man nur wissen, wie sich „die Natur grundsätzlich verhält“. Die gemachten Beobachtungen lassen meisten nur die Antworten „Ja“ oder „Nein“ zu. Erst danach befassen sich weitere Versuche damit, wie genau oder wie oft etwas in der Natur geschieht. Damit wird die qualitative Versuchsstufe erreicht.

Quantitative Versuche besitzen meistens eine aufwendigere und komplexere Versuchsdurchführung. Außerdem beruhen quantitative Versuche auf mehr oder weniger aufwendigen Messverfahren, die relativ exakt zahlenmäßig erfassbare und abgestufte Daten liefern. Diese können in der Regel auch unter statistischen Gesichtspunkten ausgewertet werden.

 

IconAufgabe

 

  1. Informiere dich in deinem Schulbuch oder dem Internet über die Experimente, die Johann Baptista van Helmont (1574 – 1644) und Joseph Priestley (1733 – 1804) zu den grünen Pflanzen durchgeführt haben.
    Ordne den beiden Experimenten die Begriffe „Vermutung“ und „Hypothese“ zu und begründe deine Entscheidungen.
  1. Benenne in eigenen Worten, was alles aufgrund der zuvor gemachten Ausführungen zu bedenken ist, wenn man ein Experiment machen möchte.
    Notiere einen Planungs- und Arbeitsablauf in Form eines Fließdiagramms.
    Vergleiche dein Schema mit dem hier gemachten Vorschlag (siehe unten Abb. FW 5-1 „Vorschlag zum Fließdiagramm Experimentieren“).

    Icon_Werkzeugkasten Hilfe: siehe Arbeitsmaterial AW 4Fließ- oder Flussdiagramm“.
  1. Das Experimentieren kann z.B. anhand der beiden folgenden Problemstellungen geübt werden. Dieses geht am besten gemeinsam in einer Kleingruppe.
    • Formuliert zu jeder Problemstellung eine entsprechende Vermutung / Hypothese.
    • Notiert die Arbeitsschritte, die notwendig sind, um die Vermutung / Hypothese zu überprüfen.
    • Stellt eine Liste der benötigten Materialien zusammen.
    • Führt die Arbeitsschritte durch und notiert die Beobachtung(en).
    • Diskutiert und notiert das Ergebnis.
    • Könntet ihr Fehler gemacht haben und wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
    • Ist eure Vermutung / Hypothese zutreffend oder nicht zutreffend gewesen?

Wer möchte, kann schon zusätzlich das Arbeitsmaterial FW 6Protokollieren“ benutzen

  1. Du befindest dich in einem dunklen Raum. Draußen scheint die Sonne. Du öffnest die Tür, gehst hinaus und dort steht eine Mitschülerin. Sie schaut dich an und sagt: „Was ist mit deinen Augen los, deine Pupillen werden ganz klein“.

  2. Bei einer im Garten stehenden Venusfliegenfalle (fleischfressende Pflanze, siehe auch Film im Arbeitsmaterial FW 1 „Beobachten“) beobachtest du Folgendes: Die „Fallen“ schließen sich schnell, wenn ein Insekt hindurchkrabbelt. Etwas später regnen dicke Tropfen auf die „Fallen“, diese schließen sich jedoch nicht.
Infos und Hilfen zu den beiden Experimenten

  1. Der Versuch ist mit zwei Personen auch an einem hellen Ort durchführbar. Eine Person hält sich für ca. 30 Sekunden eine Hand dicht vor ein Auge. Dann wird die Hand weggenommen und die zweite Person beobachtet das zuvor abgedunkelte Auge.
  2. Wenn die Venusfliegenfalle sich bei jedem auftreffenden Regentropfen schließen würde, wäre das Energieverschwendung! Deshalb reagiert sie nur mit dem Schließen, wenn mehrere der in der Falle enthaltenen Borsten berührt werden. Im Versuch können beide Situationen mit dünnen Holzstäbchen durchgespielt werden. Pausen machen! Venausfliegenfallen sind für wenig Geld ab April/Mai im Handel. Sie sollten nur mit Regenwasser gegossen werden!

Kein so guter Weg, aber besser als gar nichts:
Falls für die Experimente kein Material zur Verfügung steht, kann man auch ein „Gedankenexperiment“ durchführen. Das heißt, man stellt sich im Kopf vor, was zu tun ist und was dabei herauskommt.

😆 Denke daran, trotz der vielen Dinge, die mit der Planung, Durchführung und Auswertung eines Experimentes zu tun haben: Experimentieren macht viel Spaß, erst recht, wenn alles bedacht wurde!

 

Abb. AW 5-1 Vorschlag zum Fließdiagramm „Experimentieren“:

Experimentieren

Abb. FW 5-1 Vorschlag zu Fließdiagramm „Experimentieren“

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