zurück zur Übersicht: Arbeitsblätter (AB) Kapitel 2
Wo die Geschichte des Zuckerrohrs beginnt, ist nicht ganz eindeutig. Wahrscheinlich hat sie ihren Ursprung auf Inseln der Südsee. Vermutlich vor mehr als 5000 Jahren haben die dort lebenden Mensch bemerkt, dass eine dort wachsende Grasart im Inneren süß schmeckt und dass man dieses Innere nutzen kann, um Lebensmittel zu süßen. Schon damals wuchsen durch unbewusste Selektionszüchtung – d.h. die am süßesten schmeckenden Pflanzen wurden weiter vermehrt – immer süßere Pflanzen heran.Die Römer ließen sich aus Indien und Ägypten mit Zuckerrohr-Sirup versorgen. Etwa 1000 n. Chr. war Rohrzucker in kristalliner Form auch in Europa verfügbar. Als große Kostbarkeit war Zuckerrohr jedoch nur den Wohlhabenden zugänglich: aus dem Jahr 1372 ist bekannt, dass ein Kilo Zucker so viel wert war, wie zwei Ochsen. Ende des 15. Jh. wurde Zuckerrohr bereits in südlichen Teilen des Mittelmeerraumes angebaut. Durch Columbus gelangte das Zuckerrohr zunächst auf Inseln in der Karibik und dann nach Südamerika.Die größten Zuckerrohranbaugebiete liegen heute in Brasilien, Indien, China und Thailand und Australien. Die Weltproduktion lag 2017 bei etwa 1,84 Mrd. Tonnen Zuckerrohr.Das Wort Zucker stammt übrigens aus dem Alt-Indischen: „Sakhara“ bedeutet „zerrissenes Stück“. Damit ist das Zerkleinern und Zerquetschen des Zuckerrohrs gemeint, um den Saft auszupressen. |
Das Zuckerrohr (Saccharum officinarum) gehört zu den Süßgräsern. Zu dieser Pflanzenfamilie gehören nicht nur viele der uns bekannten Gräser auf Wiesen und Weiden, sondern auch eine Reihe anderer Nutzpflanzen, wie z.B. Weizen, Hafer, Hirse, Mais oder Reis. Die meisten Süßgräser sind einjährig, d.h. ihr Lebenszyklus dauert nur eine Vegetationsperiode. Die Süßgräser können mit Hilfe ihrer Samen überdauern und bei geeigneten Umweltbedingungen keimen und zu neuen Pflanzen heranwachsen.Im Unterschied zu vielen anderen Süßgräsern kann Zuckerrohr eine Höhe von 3 – 6 Metern erreichen. Der Durchmesser der verholzten Halme beträgt bis zu 5 cm. Die Blütenstände sind rispenförmig und bis zu 90 cm lang (Abb. AB 3_2.1-2). Der Halm hat eine harte Wand und ist in regelmäßigen Abständen von dem für Gräser typischen Knoten unterbrochen. Im Inneren sind die Halme – im Unterschied zu vielen anderen Süßgräsern – nicht hohl, sondern mit Gewebe ausgefüllt. Im innersten Bereich befindet sich das Mark. Es enthält die weißen Markzellen, die Saccharose in ihren Vakuolen speichern. Der Zuckergehalt der Zellen liegt zwischen 11% und 20 %. Durch die teilweise sehr stabilen Markzellen des Zuckerrohrs können osmotische Probleme durch den hohen Zuckergehalt vermieden werden. Dass diese Pflanze überhaupt so viel Zucker produzieren kann, liegt an einem speziellen Stoffwechseltrick im Verlauf der Fotosynthese. Zuckerrohr gehört zu den so genannten C4-Pflanzen. Vereinfacht ausgedrückt, ist sie in der Lage aufgenommenes CO2 zu speichern und diesen Vorrat dann für die Herstellung von Zucker zu nutzen, wenn CO2 knapp ist. Das ist zum Beispiel nach dem Schließen der Spaltöffnungen bei zu großer Hitze der Fall.Zuckerrohr wird übrigens nicht ausgesät, sondern über Stecklinge vegetativ vermehrt. Stecklinge nennt man die Halmstücke, aus dem unteren Bereich des Zuckerrohrs, die zwei bis vier Knoten aufweisen. Diese Abschnitte werden in den Boden gesteckt, aus einem Knotenbereich wachsen Wurzeln aus und ein genetisch, d.h. in Bezug auf das Erbgut identischer Halm (Klon) treibt aus. Solche Achsenstücke werden reihenweise dicht hintereinander in den Boden gelegt und mit wenig Erde bedeckt.Die Ernte erfolgt in der Regel maschinell (Abb. AB 3_2.1.3). In einigen Länder erfolgt die Ernte auch auf folgendem Weg (Abb. AB 3_2.1-4): Das Zuckerrohrfeld wird abends angezündet. Über Nacht verbrennen die Blätter, das Zuckerrohr selbst bleibt dabei unbeschadet. Durch die Hitze steigt der Zuckergehalt im Halm noch etwas an. Auf diese Weise werden z.B. Schlangen, Spinnen vertrieben bzw. vernichtet. Nach der Verbrennung fehlen auch die scharfkantigen Blätter, die die Arbeiter verletzen könnten. Am folgenden Tag kann dann sehr effektiv geerntet werden.
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Nach der Ernte werden die Halme maschinell ausgepresst und der Saft zu Rohrzucker verarbeitet (Raffination). Die dabei anfallenden Reste, die so genannte Melasse, hat immer noch einen hohen Zuckergehalt. Sie wird als Viehfutter oder zur Herstellung von Rum und Arrak genutzt. Die dann noch zurückbleibenden Reste werden häufig zur Energienutzung verbrannt. Faserige Reste können auch zur Herstellung verschiedenster Werkstoffe, neuerdings sogar zur Verbesserung der Haltbarkeit von Kunststoffen, eingesetzt werden. Neben der Nutzung zur Zuckerherstellung gewinnt das Zuckerrohr immer größere Bedeutung bei der Produktion von Bioethanol, vor allem als Benzinzusatz. Nicht zuletzt deshalb werden immer größere Flächen für den Zuckerrohranbau gerodet. Für Brasilien u.a. Schwellenländer hat diese Art der Nutzung von Zuckerrohr große volkswirtschaftliche Bedeutung. Ökologisch betrachtet darf nicht übersehen werden, dass es sich bei den Zuckerrohrplantagen um Monokulturen handelt. Der Befall der Pflanzen durch die sogenannten Schädlinge – insbesondere Insekten, deren Larven, Würmer, Bakterien oder Pilze – kann meistens nur durch den Einsatz chemischer Mittel verhindert werden. Schädlingsbekämpfung erfolgt aber auch auf den Grundlagen biologischer Verfahren und gentechnologischer Züchtungen. |
Weitere Informationen zum Zuckerrohr erfolgen im AB EB_6 „Enzyme, Biokraftstoffe und Kohlenstoffdioxid-Kreislauf„. |
Lösung zu Aufg. 1
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