zurück zur Übersicht: Arbeitsblätter (AB) Kapitel 2
Noch im 11. Jahrhundert war in Europa als Süßungsmittel fast nur der Honig bekannt. Mit der Entdeckung des Seeweges nach Mittel- und Südamerika kam dann das Zuckerrohr und damit der Haushaltszucker nach Europa. Bereits 1747 bemerkte ein Berliner Apotheker, dass der in der leicht süß schmeckende Futterrübe enthaltene Zucker identisch mit dem des Zuckerrohrs ist. Durch immer wieder erfolgende Auslese der süßesten Pflanzen und deren erneute Aussaat gelang es Anfang des 18. Jahrhunderts den Zuckergehalt so zu steigern, so dass sich die industrielle Nutzung lohnte – die Zuckerrübe war „geboren“. Heute beträgt der Zuckergehalt der Zuckerrübe bis zu 20%, die Ausbeute liegt bei ca. 16 %. Die nach der Zuckergewinnung zurückbleibenden Reste, die Melasse, werden als Viehfutter verwertet. Die Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris) ist eine zweijährige Pflanze. Im ersten Jahr (1. Vegetationsperiode) bildet sie große Laubblätter aus, die im Rahmen der Fotosynthese wesentlich mehr energiereiche Stoffe produzieren, als die Pflanze selber benötigt. Was aber tun mit einem zeitweisen Überschuss von Fotosyntheseprodukten, die momentan nicht benötigt werden? Die beste Lösung ist die der Speicherung. Dieses kennt jeder von der Kartoffel, die in der Kartoffelknolle Stärke speichert. Durch das Phloem (Siebteil) des Leitbündels werden die im Rahmen der Fotosynthese produzierten und zurzeit nicht benötigten Kohlenhydrate, vor allem Saccharose, vom Blatt bis in die Wurzel geleitet und dort gespeichert – eine dicke Pfahlwurzel bildet sich aus (Abb. AB 2_2.1-2). Im Rahmen dieses Vorganges wird der Zucker aus den fotosynthetisch aktiven Zellen der Blätter zunächst unter Energieaufwand in Zellen der Blattleitbündel transportiert (siehe auch Abb. AB 2_2.1-3). Dieses leisten sogenannte Saccharose-Transport-Moleküle. Dabei handelt es sich um in Membranen arbeitende Proteinmoleküle, die Transportarbeit leisten (siehe Kap.4). Ein einziges Transporter-Molekül kann bis zu 500 Saccharose-Moleküle pro Sekunde in die Leitungsbahn „drücken“. Von dort aus gelangt der Zucker in das Wurzelgewebe. Auch dort müssen die Zuckermoleküle unter Energieaufwand weiter transportiert und schließlich in den Vakuolen spezieller Zellen eingelagert werden. Bei Bedarf – bei der Zuckerrübe nach dem ersten Winter – stände dieser Energievorrat dann für erneutes Wachstum zur Verfügung. Erst in der zweiten Vegetationsperiode (= 2. Jahr) bildet die Zuckerrübe Blüten und Samen aus. Dazu würde die Pflanze einen Teil der gespeicherten Energie benötigen. Daraus ergibt sich, dass die Zuckerrübe gegen Ende des ersten Jahres geerntet werden muss. |
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Auch wenn es in der Vergangenheit durch Auslesezüchtung gelungen ist, den ursprünglichen Zuckergehalt von etwa 5 – 8 % auf heute ungefähr 20 % zu steigern, wird eine weitere Zunahme des Zuckergehaltes schwer zu erreichen sein. Ein Grund ist die „osmotische Grenze“, d.h. mit steigender Zuckerkonzentration könnte ab einem bestimmten Wert der Wasserhaushalt der Wurzelzellen kritisch gestört werden (siehe Kap.4). Es wurde beobachtet, dass – insbesondere nach starkem Regenfall – bei der Ernte Zuckerrüben regelrecht explodierten. Ursachen waren u.a. der hohe Zuckergehalt (< 20%) und die gleichzeitige mechanische Belastung des Erntevorganges. Von den Umweltfaktoren her benötigt die Zuckerrübe gemäßigte Temperaturen, viel Licht sowie eine gute Mineralsalz- und Wasserversorgung.Aus ökologischer Sicht ist weiterhin erwähnenswert, dass nach der Zuckerrübenernte zunächst keine erneute Aussaat bzw. neuer Anbau von Zuckerrüben erfolgen kann. Stattdessen erfolgt eine mehrjährige Fruchtfolge, d.h. zunächst der Anbau anderer Nutzpflanzen, wie z.B. Weizen. Geschieht dieses nicht, werden die erneut wachsenden Zuckerrübenwurzeln u.a. von Fadenwürmern (Rübennematoden) befallen und geschädigt. Der gewünschte Ertrag bleibt aus. Eine Rolle bei diesem Phänomen spielt vermutlich die so genannte „Allelopathie“, ein Faktor der Konkurrenz zwischen Pflanzen. Wahrscheinlich gibt die Zuckerrübe über ihre Pfahlwurzel Stoffe an die Umgebung ab, die erneut ausgesäte und wachsende Rübenpflanzen schädigen und sie damit empfindlicher machen gegen Krankheiten.(siehe V 8_2.1 Allelopathie)
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Dass Pflanzen „sich nicht mögen“ und was dann passiert, zeigt der Versuch V 8_2.1 („Allelopathie“ ). |
Hilfe zum besseren Verständnis des Zuckertransportes und der -speicherung:
Laubblätter werden durchzogen von umgangssprachlich als „Blattadern“ bezeichneten röhrenförmigen Strukturen.Dabei handelt es sich um die Leitbündel. Sie bestehen im Wesentlichen aus dem Xylem, das die Blattzellen mit Wasser und Nährsalzen versorgt und dem Phloem, das die Fotosyntheseprodukte „sammelt“ und abtransportiert. |
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