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Thema: Enzyme und Gifte, Enzyme als Gifte – was ist ein Gift?

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Ein Enzym kann durch ein Gift in seiner Aktivität beeinflusst werden. Ein Enzym kann aber auch selbst als Gift wirken.
Bevor diese beiden Möglichkeiten anhand von Beispielen – Neonikotinoiden, chemischen Kampfstoffen, Schlangen- und Insektengiften – erläutert werden, ist es sinnvoll, den Begriff „Gift“* zunächst weitgehend unabhängig vom Enzymbegriff etwas genauer zu betrachten.

Was ist ein Gift (althochdeutsch: Gabe)?

Alle organischen oder anorganischen Stoffe bzw. auch Stoffkombinationen können zum Gift bzw. Toxin (griech.: toxikon „Gift“) werden, indem sie mit einem Lebewesen Kontakt haben und infolgedessen den Stoffwechsel dieses Lebewesens mehr oder weniger negativ beeinflussen. Für den Grad der Beeinflussung des jeweiligen Lebewesens (= Toxizität) ist vor allem die Menge** bzw. die Konzentration*** des Giftes (= Dosis) und die Empfindlichkeit des betroffenen Lebewesens in Hinblick auf dieses Gift verantwortlich.

Gifte

Abb. AB EB_2-1
Symbol für Gifte

*Die Begriffe „Gift“ und „Schadstoff“ werden häufig synonym benutzt. Einige Quellen verwenden den Begriff „Schadstoff“ allerdings nur in Zusammenhang mit vom Menschen produzierten Stoffen.
**Die Stoffmenge gibt die Anzahl der Teilchen in einer Portion an, Dabei kann es sich um Atome, Ionen oder Moleküle handeln.
***Die Konzentration gibt die Stoffmenge eines Stoffes in Beziehung zum Volumen des Mediums (Flüssigkeit oder Gas) an, das den Stoff in sich trägt.


Grundsätzlich kann dementsprechend jeder Stoff als „Gift“ wirken, auch wenn man ihm diese Wirkung zunächst einmal nicht zuschreiben würde. Dieses wusste übrigens auch schon der Arzt und Philosoph Paracelsus, als er im Jahre 1538 schrieb „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“Wasser z.B. ist lebenswichtig für alle Organismen. Auf der Grundlage theoretischer Überlegungen ist aber davon auszugehen, dass für einen erwachsenen Menschen (Körpergewicht ca. 70 kg) die Aufnahme von 10 Liter Leitungswasser an einem Tag zum Tode führen würde. Die Gründe dafür liegen vor allem in der Veränderung der osmotischen Situation im Körper.
Andererseits werden viele Stoffe, die als Gift geführt werden, in entsprechender Dosis und Verarbeitung als Medikament eingesetzt. Zu diesen gehört z.B. das Atropin, welches in den giftigen Beeren der Tollkirsche enthalten ist. Gleiches gilt auch für viele Schlangengifte.Sowohl einzelne Stoffe als auch das Zusammenwirken mehrerer Stoffe – die einzeln nicht bzw. wenig giftig sind – können im Stoffwechsel Schäden verursachen, also als Gift wirksam werden. Giftwirkungen müssen nicht immer zum Tode führen – es ist schon schlimm genug, wenn die Lebensqualität mehr oder weniger negativ beeinflusst wird.
Gifte können an sehr unterschiedlichen Orten im Organismus (Organe, Geweben, Zellen) aktiv werden. Dieses ist darauf zurückzuführen, dass Gifte oft in ganz bestimmte Stoffwechselprozesse eingreifen, d.h. „nur“ auf ganz spezifische Moleküle oder Molekülgruppen einwirken.
Die Aufnahme eines Giftes erfolgt hauptsächlich über die Haut, die Schleimhäute, die Augen (=Kontaktgift), durch den Mund (= orale Aufnahme) oder der Atmung (= inhalative Aufnahme).
Unterschieden wird zwischen sofortiger Schädigung (= akut toxisch) und längerfristiger Gefahr der Schädigung (= chronisch toxisch).Zur genaueren Einordnung der Giftigkeit eines Stoffes wird dessen sogenannte letale Dosis (= LD50) angegeben. Dieser experimentell im Tierversuch und/oder mithilfe der Statistik ermittelte Wert gibt an, bei welcher Dosis, bezogen auf das Körpergewicht und die Tierart, eine Gabe des Giftes bei der Hälfte der Versuchspopulation zum Tode führt. Dieser Wert ist – nicht nur in Hinblick auf die Art seines Zustandekommens – umstritten.Letztendlich stellt sich bei der Beschäftigung mit dem Begriff „Gift“ die Frage: „Warum gibt es überhaupt Gifte?“Die Beantwortung dieser Frage fällt leichter, wenn man die Gifte zunächst in folgende Gruppen einteilt:

    1. Natürliche organische Gifte, deren Produzenten Pflanzen, Tiere, Pilze oder Bakterien sind. Sie sind immer für einen speziellen Organismus von Vorteil und für andere Organismen zum Nachteil.
    2. Anorganische Gifte, die natürlicherweise in der Natur vorkommen. Mit Ausnahme einiger Spurenelemente wirken sie negativ auf Organismen.
    3. Von Menschen bewusst bzw. gezielt produzierte und eingesetzte Gifte. Die damit verbundenen Stoffe werden zum Vorteil des Menschen eingesetzt und wirken meistens schädigend für andere Organismen, z.T. sind sie aber auch schädlich für den Menschen selbst.

Beispiele zu 1.
Giftige Schutzmechanismen gegen Fressfeinde bei Pflanzen sind u.a. Brennhaare der Brennnessel, die bei Berührung über eine Sollbruchstelle verschiedene Substanzen abgeben, die zur Quaddelbildung und Schmerzen in der Haut führen oder das Solanin, das in den grünen Teilen der Kartoffelpflanze vorkommt und das die in den Zellen so wichtigen Mitochondrien zerstört. Bei den Tieren denkt man schnell an Schlangengift, die ein regelrechter Giftcoctail sind. Die darin enthaltenen Stoffe führen auf unterschiedlichste Art und Weise zur Schädigung der Beute, so dass sie dann ohne weiteres gefressen werden kann.

Beispiele zu 2.
Viele in der Natur vorkommenden anorganischen Stoffe, wie Blei, Cadmiun oder Quecksilber haben keine positive Bedeutung für Lebewesen. Im Gegenteil, sie wirken z.B. hemmend auf fast alle Enzyme und schädigen damit Organismen.
Andere anorganische Stoffe dagegen, wie z.B. Selen, Eisen oder Zink, haben für Pflanzen, Tieren und Menschen als Spurenelement essenzielle (= wesentliche) Bedeutung. Viele Spurenelemente haben eine bedeutsame Funktion als Coenzym (siehe hier). So ist z.B. Eisenmangel eine häufige Ursache bei Anämie (=Blutarmut). Aber auch ein Überfluss dieser eigentlich positiv zu sehenden Spurenelemente kann schädlich sein.
Einige der zuvor genannten anorganischen Stoff gelangen oft aus von Menschen gemachten Produkten und Abfällen zurück in die Ökosysteme (siehe 3.)

Beispiele zu 3.
Wenn man eine Werteskala benutzen würde, wären an schlimmster Stelle mit Sicherheit die chemischen Kampfstoffe, wie z.B. Sarin oder Senfgas, zu nennen. Sie werden eingesetzt, um auf grausame Art und Weise gezielt Menschen zu töten.
Andere vom Menschen produzierte Stoffe, wie z.B. Pestizide (= „Schädlingsbekämpfungsmittel“) sollen die sogenannten Unkräuter vernichten, um eine bessere Ernte zu erzielen. Der Einsatz von Pestiziden ist umstritten, da viele von ihnen negative Folgen für das Ökosystem mit sich bringen, u.a. zum Rückgang der Insektenpopulationen führen. Bei manchen dieser Stoffe wird vermutet, dass sie auch für Menschen mehr oder weniger schädlich sind, z.B. Glyphosat.
Fast immer als Schadstoff bezeichnet werden z.B. vom Menschen verursachte Stoffeinträge in die Luft, z.B. Stickoxide (NOx). Quellen sind in diesem Fall Industrie, Landwirtschaft und Kraftfahrzeuge. Auch sie entfalten eine giftige Wirkung.
Oft werden vom Menschen hergestellte Produkte erst recht spät als problematisch hinsichtlich ihrer Giftwirkung erkannt – zunächst überwiegt die Freude an den neuen Produkten. Das ist z.B. der Fall bei Kunststoffprodukten (Plastikflaschen, -verpackungen, etc.), die zunächst als durchweg positiv angesehen wurden. Nun aber gelangen sie in großen Mengen ins Meer, um von dort als Mikroplastikteilchen über die Nahrungskette wieder zu uns zurückzukehren. Auch sie können durch die Wirkung der in ihnen enthaltenen  Stoffen als Gift im menschlichen Stoffwechsel wirksam werden.


Dass das zuvor über Gifte Gesagte auch für sehr viele Enzyme Gültigkeit besitzt, liegt auf der Hand: Sie sind an fast allen Stoffwechselprozessen im Organismus beteiligt.Es macht also Sinn sich mit der Thematik „Gifte und Enzyme“ zu beschäftigen und dabei aufzuzeigen, wie

  • Enzyme und damit der Organismus von Pflanzen, Tieren und Menschen durch Gifte geschädigt werden und wie
  • Enzyme ihrerseits als Gifte Lebewesen massiv schädigen können.

 

Weitere Informationen zu dem Begriff „Gift“ finden sich u.a. hier:

http://www.chemgapedia.de/biotoxine.html (Zugriff: 2018-09-11)
https://www.spektrum.de/lexikon/chemie/gifte/3706 (Zugriff: 2018-09-11)
https://de.wikipedia.org/wiki/Gift (Zugriff: 2018-09-11)
http://www.chemie.de/lexikon/Gift.html (Zugriff: 2018-09-11)
https://www.planet-wissen.de/natur/tierwelt/gift_als_waffe/index.html
(Zugriff: 2018-09-11)
https://www.planet-schule.de/sf/multimedia-interaktive-animationen-detail.php?projekt=meer_gift_nahrungskette (Zugriff: 2018-09-11)

  1. In verschiedenen Arbeitsmaterialien werden konkrete Beispiele, zum Thema „Enzyme und Gifte, Enzyme als Gifte“ behandelt.
    Unabhängig davon kannst du mit Hilfe deiner Kenntnisse über Enzyme Hypothesen aufstellen, wie
  • ein Enzym durch ein Gilft möglicherweise in seiner Aktivität gehemmt werden kann (Hilfe siehe z.B. hier) oder
  • ein Enzym den Organismus durch seine Aktivitäten schädigen kann (Hilfe siehe z.B. hier)
Gifte

Abb. AB EB_2-2 Tollkirsche

Abb. AB EB_2-3 Fliegenpilz

Abb. AB EB_2-4 Brennnesselhaare

Gifte

Abb. AB EB_2-5 Feuerqualle

Abb. AB EB_2-6 Giftschlange

Gifte

Abb. AB EB_2-7 Senfgasgranaten

Abb. AB EB_2-8 Abwasser

Abb. AB EB_2-9 Pestizideinsatz

Abb. AB EB_2-10 Luftverschmutzung

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